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Wallfahrtskirche Sankt Bartholomae

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40 Jahre Nationalpark Berchtesgaden: Vom Erfolg überrannt

Festakt in Berchtesgaden: Gefeiert wird der Nationalpark, der vor 40 Jahren aus der Taufe gehoben wurde. Die Widerstände waren anfangs groß. Doch es kommt viel Geld in die Region. Da wird der Erfolg fast ein bisschen zum Problem. Von Hans Häuser

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Mit der Eröffnung des Nationalparkt befürchteten viele Einheimische wirtschaftliche Einbußen, etwa weil sie im Schutzgebiet nicht mehr ihre Almen bewirtschaften dürften. Doch die größten Ängste waren weitgehend unbegründet: Der Nationalpark bringt im Gegenteil viel Geld in die Region: 1,6 Millionen Gäste besuchen jährlich das Schutzgebiet. Jetzt im Sommer ist der Andrang sogar oft schon so groß, dass der Erfolg fast ein bisschen zum Problem wird.

Mit dem Schiff nach Sankt Bartolomä

Ein Mittwoch im Juli an der Seelände am Königssee. Vor den Kassenhäuschen hat sich eine mehrere hundert Meter lange Schlange gebildet. Alle möchten sie gern mit dem Schiff nach Sankt Bartolomä, auch Daniela Kober und ihre Familie aus Paderborn. Aber jetzt stehen sie schon seit einer dreiviertel Stunde an. Noch tragen sie es mit Fassung.

Freizeitpark statt Nationalpark

Während die Kobers versuchen voranzukommen, patroullieren zwei Ranger hinten beim Malerwinkel. Dicht an dicht drängen sich die Menschen an der beliebten Aussichtsplattform, fast jeder eine Kamera oder ein Fernglas vor den Augen. Auch hier eine Stimmung eher wie in einem Freizeitpark als in einem Nationalpark. Soviel Andrang kann den Naturschutz beeinträchtigen. Deshalb hat Lenz Kööpl, Wegereferent im Nationalpark, ein spezielles Konzept entwickelt: Es soll die Besucher auf den Hauptrouten halten. Ganz einfach: Viele Wege sind nicht beschildert und markiert.

Dramatische Folgen für die Umwelt

Doch auch die Geheimwege sind nicht mehr so geheim wie früher. Sie werden in den sozialen Medien im Internet fleißig weiterverbreitet und dann von immer mehr Menschen besucht. Wie dramatisch die Folgen für die Umwelt sind, zeigt sich ein paar hundert Meter weiter, an einem wilden Badestrand: Unter einem Baum eine verlassene Feuerstelle, daneben sammelt Ranger Klaus Melde zerbrochene Bierflaschen, Safttüten und Taschentuchpackungen ein.

Natur erleben - aber wie?

Feuer machen, Müll hinterlassen, im Freien übernachten – alles streng verboten im Nationalpark, aber je mehr Leute hierherkommen, desto öfter wird es trotzdem gemacht. Die Ranger sagen, sie wollen niemand den Spaß verderben, jeder soll Natur erleben und genießen können. Aber es gebe halt Grenzen.

Massenandrang statt Naturgenuss

Zurück bei den Kobers an der Seelände. Die Stimmung droht zu kippen. In der letzten Viertelstunde sind sie kaum noch vorangekommen. Massenandrang statt Naturgenuss. Auch in der Ramsau. Hunderte Autos auf dem Parkplatz. "Hier ist ganz schön was los. Klar, die Wimbachklamm ist ein Riesen-Attraktionspunkt im Nationalpark", sagt der Regionalforscher Hubert Job von der Universität Würzburg. Er hat viele deutsche Nationalparks untersucht, für ihn ist klar: Der Nationalpark Berchtesgaden ist eine Erfolgsgeschichte: 1,6 Millionen Besucher Jahr für Jahr. Doch langsam droht der Andrang auf Kosten der Umwelt zu gehen.

Besser keine Werbung mehr für den Nationalpark

Von den Touristikern wünscht sich Job auch De-Marketing, das bedeutet: keine Werbung mehr für den Park an Tagen, an denen eh schon viel los ist. Klasse statt Masse also, ein Ziel, dem sich ohnehin viele in der Region verpflichtet fühlen.

Familie Kober aus Paderborn würde es schon reichen, wenn sie endlich ein bisschen Schiffahrt erleben würden. Zwei Stunden Warten für die Fahrt über den Königssee – Die Kobers nehmen es gelassen – und sie sagen: Wer im Juli hier Urlaub macht, weiß, worauf er sich einlässt.