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25 Jahre Münchner Straßenzeitung BISS

Sie war die erste professionelle Straßenzeitung Deutschlands. Geboren wurde die Idee für "BISS" 1991 bei einer Tagung der Evangelischen Akademie Tutzing. Sozialarbeiter, Journalisten, Kirchenleute, Obdachlose arbeiteten zusammen. Von Lorenz Storch

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Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

BISS-Verkäufer Ercan Uzun hat seinen Stammplatz seit 18 Jahren im U-Bahnhof Sendlinger Tor. Inzwischen kaufen knapp die Hälfte seiner Zeitungen Stammkunden. Er genießt den Kontakt: "Man teilt sein Leiden, man teilt seinen Tag, man kommt ins Gespräch, lernt sich näher kennen, namentlich und so."

Im Jahr 2000 ist er als Selbstständiger pleite gegangen, hatte Schulden, BISS hat Uzun geholfen, dass er seine Wohnung nicht verlor. Ein zweiter Versuch, auf eigenen Füßen zu stehen scheiterte wieder – es ist wegen meiner psychischen Erkrankung, sagt er – Uzun muss Antidepressiva nehmen: "Der harte Arbeitsmarkt ist einfach wahrscheinlich nichts für mich."

Mit drei Verkäufern fing es an

Das gilt für viele der BISS-Verkäufer. BISS stellt daher einen Großteil ihrer Verkäufer fest und unbefristet an – eine Besonderheit unter den Straßenzeitungs-Projekten, die in ganz Deutschland ihresgleichen sucht. Mit drei angestellten Verkäufern fing es an – inzwischen sind von 100 aktiven BISS-Verkäufern 51 fest angestellt, freut sich Geschäftsführerin Karin Lohr:

"Der Erfolg von 25 Jahren sind unsere Verkäufer, um es auf den Punkt zu bringen. Das sind diejenigen, die ein besseres Leben haben. Alle sind arm, und viele waren obdachlos. Mit der Hilfe von Biss haben sie wieder einen Arbeitsplatz, eine Wohnung, gesundheitliche Unterstützung – also alles das, was man für eine Integration wieder braucht." Karin Lohr, Geschäftsführerin BISS

Arme Menschen in reicher Stadt

Finanzielle Grundlage sind neben den Zeitungserlösen Spenden - öffentliche Gelder erhält der Verein nach eigenen Angaben nicht. In München gibt es viele Wohlhabende, die spenden können. Trotzdem haben es Arme in dieser reichen Stadt schwerer als anderswo, sagt die BISS-Geschäftsführerin. Sie beobachtet:

"Wie sehr dieses viele Geld, das überhaupt nicht mehr nach links und rechts schaut, kleine Leute verdrängt. Menschen, die zu uns kommen und Hilfe brauchen bei der Wohnung, die wohnen unter erbärmlichen Umständen. Die zahlen ein Schweinegeld für die Löcher, in denen die wohnen. Das ist eine große Ungerechtigkeit, und ich denke, das wird nicht weniger, sondern mehr."

Hotel BISS größte Niederlage

Einmal hat BISS versucht, die Spirale aufzuhalten – es wurde die größte Niederlage in der Geschichte des Vereins. Das Projekt "Hotel BISS" hätte im früheren Münchner Frauengefängnis entstehen sollen und benachteiligten Menschen Arbeitsplätze geboten. Aber: Der CSU-dominierte Landtag verkaufte die Staatsimmobilie 2011 stattdessen meistbietend an einen Privatinvestor, ärgert sich Karin Lohr: "Die CSU wollte es damals nicht. Das Land Bayern war der Eigentümer – nicht die Stadt, von der haben wir Unterstützung erfahren. Die haben das eigentlich verbockt."

Wo BISS sein soziales Leuchtturmprojekt verwirklichen wollte, sind nach Jahre langem Leerstand jetzt Bauarbeiter angerückt. Es entstehen Luxus-Eigentumswohnungen für mehr als 15.000 Euro pro Quadratmeter.