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Messer für die weibliche Beschneidung in Äthiopien

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1.500 Mädchen in Bayern von Beschneidung bedroht

In den vergangenen Jahren sind viele Menschen aus Afrika nach Deutschland geflüchtet. Darunter etwa 8.000 Frauen, die eine Genitalverstümmelung erlitten haben. Zahlreiche Mädchen sollen laut Gesundheitsministerium noch von Beschneidung bedroht sein.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Jasmin (Name von der Redaktion geändert) hat in ihrem Leben schon viel erreicht. Vor 9 Jahren, mit gerade mal 16, ist sie allein aus Somalia nach München geflohen. Sie ist glücklich hier, hat einen guten Job. Doch es gibt etwas, das sie nicht überwinden kann. Ihre Beschneidung, damals in Somalia:

"Ich war neun Jahre alt, ich kann mich noch daran erinnern, wie meine Mama gesagt hat: Wir gehen zu unserer Nachbarin. Da waren viele Frauen, die mich festgehalten haben. Ich wusste nicht, um was es geht. Ich hatte schlimmst Schmerzen, wurde einfach beschnitten. Kein Betäubungsmittel oder sonst was." Jasmin

Opfer der Tradition

In 30 afrikanischen Ländern erleiden Frauen diese Genitalverstümmelung. Häufig sind es die Mütter und Großmütter, die sie durchführen - aus der Tradition heraus, heißt es. Durch die Flüchtlingsbewegung ist diese grausame Praktik jetzt auch in Deutschland Thema. Das Bayerische Gesundheitsministerium schätzt, dass in Bayern etwa 7.800 Frauen betroffen sind.

Auch in der Frauenklinik der LMU in der Maistraße entbinden die Ärzte immer öfter beschnittene Frauen, häufig sind diese auch im Genitalbereich zugenäht. Dr. Ralf Kästner erlebt nicht nur medizinische Probleme, sondern auch schwere Traumen bei der Geburt:

"Die Frau redet nicht mehr uns. Sie schaut uns nicht mehr an. Sie ist nicht mehr zugänglich für Ansprachen, Aufforderungen, bestimmte Dinge zu machen. Sie versperrt sich. Schließt ihre Beine, atmet nicht mehr regelmäßig." Ralf Kästner, Frauenarzt

Ärzte wollen aufklären

Die Mediziner bezeichnen die Genitalverstümmelung in ihrer Fachsprache als FGM, kurz für das englische "Female Genital Mutilation". Die Ärzte in der Maistraße wollen dafür sorgen, dass FGM künftigen Generationen erspart bleibt.

Etwa 1.500 Mädchen in Bayern unter 18 Jahren gelten als bedroht. Deshalb steht Dr. Ralf Kästner auch im Kontakt mit Münchner Beratungsstellen.

"Ein wichtiger Punkt nach der Geburt ist, wenn Töchter geboren wurden, dass man natürlich auch im Sinn hat, dass auch diese wiederum FGM erleiden könnten und möglicherweise werden. Und das anzusprechen, ist uns selber ein Anliegen." Ralf Kästner, Frauenarzt

Beratung in den Familien

Fadumo Korn, selbst gebürtige Somalierin, besucht für die Stadt München Familien, wo die Behörden den Verdacht haben, einem Mädchen könnte eine Genitalverstümmelung drohen. 

"Wenn wir hören, dass ein Kind gefährdet ist, dann gehe ich mit Sozialarbeitern in die Familien rein, und ich rede nicht von Bienchen und Blümchen. Ich rede von ganz hohen Strafen, von Kindesverletzung und die Eltern müssen genau erfahren, was bedeutet das - Gentialverstümmerlung." Fadumo Korn, Nala e.V.

Auch um Jasmin hat sich Fadumo Korn gekümmert, damals, als sie als Minderjährige hier ankam. Das Mädchen litt wegen ihrer Genitalverstümmelung unter extremen Schmerzen. Sie ließ sich operieren, doch rückgängig machen lässt die Beschneidung nicht.

"Manchmal wenn ich abends schlafe, dann werde ich deswegen wach und sauer. Jetzt ist es so, wie es ist. Ich muss damit umgehen. Wenn ich es entscheiden könnte, dann würde ich so bleiben, wie mich Gott geschaffen hat." Jasmin