Bayern 2

     

8

Weibliche Libidostörungen Seelische Ursachen der Unlust

Was wie eine Binsenweisheit klingt, wird oft verdrängt: Alles, was Frauen belastet, wirkt sich auch auf ihr Intimleben aus. Denn meist sind es keine körperlichen Erkrankungen, sondern seelische Probleme, die zu sexuellen Störungen führen.

Von: Justina Schreiber

Stand: 03.09.2019

Schwarzweiß-Aufnahme des Gesichts einer Frau. | Bild: picture-alliance/dpa

Das Lustempfinden hängt von vielen individuellen Faktoren ab. Jede Frau reagiert anders. Aber es gibt ein paar Punkte, von denen man weiß, dass sie übrigens auch die männliche Libido negativ beeinflussen:

  • Partnerschaftliche Spannungen und Konflikte
  • Stress im Beruf
  • Psychiatrische Erkrankungen und deren Medikation (etwa Antidepressiva)
  • Wenn die Frau schwanger ist
  • Wenn Kleinkinder die Nachtruhe stören
  • Ein unerfüllter Kinderwunsch

"Wenn der sexuelle Akt nur noch der Fortpflanzung dient und auf Abruf dann Geschlechtsverkehr stattfinden muss, dann bringt das natürlich auch eine Beeinträchtigung des Lustempfindens mit sich."

Dr. med. Lisa-Maria Wallwiener, Gynäkologin

Ein neues Problem: Körperbildstörungen

Das Problem nimmt eklatant zu. Die in Fernsehsendungen wie "Germany’s next Topmodel" verbreiteten Bilder perfekter menschlicher Körper wirken sich auf die Selbstwahrnehmung aus. Heute sind viele vor allem jüngere Frauen (und Männer) mit dem eigenen Aussehen übertrieben unzufrieden.

"Es ist Wahnsinn, wie früh heutzutage junge Mädchen anfangen, sich mit Anderen immer wieder abzugleichen. Nicht wenige bekommen psychische Probleme, weil sie das Gefühl haben, unzulänglich auszusehen."

Dr. med. Lisa-Maria Wallwiener, Gynäkologin

Auch das Lustempfinden leidet, wenn eine Frau von der Sorge geplagt ist, nicht gut genug auszusehen. Oder zu dick zu sein. Oder nicht alle Spielarten der körperlichen Liebe zu beherrschen. Die Angst, "ihm" nicht zu genügen, führt zwangsläufig dazu, sich selbst beim Sex nicht auszuleben.

"Selbstliebe und Selbstwert spielen dann keine Rolle mehr. Wichtiger ist es, dem Bild zu entsprechen, das von vielen Medien tagtäglich und von klein auf vermittelt wird."

Dr. med. Lisa-Maria Wallwiener, Gynäkologin

Perfektionismus

Moderne Frauen sollen heute alles sein: erfolgreiche Businessfrauen, liebevolle Mütter und Familienmanagerinnen, verruchte Liebhaberinnen. Es fällt ihnen schwer, keine überhöhten Ansprüche an sich selbst zu stellen und sich trotz persönlicher Mängel und Schwächen zu akzeptieren. Aber wer ständig die Bestätigung von außen braucht und sucht, empfindet sich schnell als unzulänglich. Und Paarbeziehungen leiden, wenn einer der Partner oder beide seelisch allzu bedürftig sind.

Intimchirurgie

Früher waren es Brustvergrößerungen. Heute ist es die Schamlippenkorrektur oder die ominöse und teure G-Punkt-Unterspritzung. Dr. Lisa-Maria Wallwiener erlebt in der gynäkologischen Praxis immer häufiger, dass junge Frauen eine intimchirurgische Operation in Betracht ziehen. Sie wollen sich körperlich optimieren.

"Hier erwächst uns ein völlig neues Problemfeld. Es ist unverkennbar der Einfluss der Medien, der hier wirksam wird. Gerade die jungen Frauen sagen z. B. beiläufig nach einer gynäkologischen Untersuchung: ich habe gelesen oder ich habe im Fernsehen gesehen, dass das und das möglich ist. Was meinen Sie, Sie haben doch sicher auch bemerkt, dass das bei mir nicht schön ist, können Sie das nicht operieren?"

Dr. med. Lisa-Maria Wallwiener, Gynäkologin


8