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Was ist (noch) normal? Weibliche (Un-)Lust

Körperliches und seelisches Wohlbefinden hängen eng zusammen. Auch und vor allem beim Spaß im Bett. Denn guter Sex beginnt im Kopf, und zwar mit den eigenen Phantasien und Wünschen. Deshalb ist es wichtig, dass sich Frauen selbst kennen und schätzen (lernen).

Von: Justina Schreiber

Stand: 03.09.2019

Frau blickt lustlos in die Ferne | Bild: picture-alliance/dpa

Laut wissenschaftlichen Studien besteht bei 30 Prozent der Frauen ein Risiko, eine sexuelle Störung zu entwickeln. Allerdings glauben weit mehr Frauen, bereits an sexuellen Problemen zu leiden. Bei den Männern ist die Rate noch höher. Herrscht tatsächlich so viel Frust in den Betten? Eine sexuelle Störung zu definieren, ist nämlich gar nicht so einfach.

Anzeichen einer sexuellen Störung:

  • Libidoverlust, also keine Lust auf Sex
  • keine Lubrikation, also keine Befeuchtung der Scheide bei Erregung
  • Schwierigkeit, die Erregung aufrecht zu erhalten
  • Unfähigkeit, zum Orgasmus zu kommen
  • Schmerzen beim Verkehr

Aber Geschlechtsverkehr kann z. B. auch ohne Orgasmus Freude machen. Und wer ein Gleitgel parat hält, muss nicht gleich frustriert aufgeben. Letztlich hängt es vom individuellen Empfinden jeder Frau ab, ob sie sich beeinträchtigt fühlt oder nicht.

"Prinzipiell ist eine sexuelle Störung nur dann vorhanden, wenn die Frau selbst sagt, dass sie unter Beeinträchtigungen leidet. Es muss also jede für sich selbst entscheiden, ob sie das Gefühl hat, dass sie ein Problem hat."

Dr. med. Lisa-Maria Wallwiener, Gynäkologin

Sex soll Spaß machen

Ohne Spaß an der Freude ist Sex nur eine halbe Sache. Das gilt übrigens auch für Masturbation. Schuldgefühle sind hier fehl am Platz. Wer sich selbst stimuliert, tut sich etwas Gutes – auch wenn ein Partner fehlt.

Der Sexualtrieb dient nicht nur der Fortpflanzung. Er stärkt Beziehungen. So lässt etwa das Interesse an einem Seitensprung nach, wenn sich Frau und Mann (oder Frau und Frau) miteinander wohlfühlen. Denn bei erfülltem Geschlechtsleben kommt es zur regelmäßigen Ausschüttung des "Kuschelhormons" Oxytocin.

"Das heißt, wenn ich mit meinem Partner, meiner Partnerin, häufig intensive Momente oder Orgasmen habe, dann sorgt das vermehrt ausgeschüttete Hormon Oxytocin dafür, dass ich mich ihm oder ihr mehr zugeneigt fühle. Meine Beziehung, mein Bindungsgefühl, und damit die Partnerschaft werden dadurch gestärkt."

Dr. med. Lisa-Maria Wallwiener, Gynäkologin

Umgekehrt beeinflusst ein unbefriedigendes Sexualleben meist auch die Qualität der Partnerschaft. Es geht zu Lasten der Beziehung, wenn über die misslingende körperliche Kommunikation nicht gesprochen werden kann.

Sex nach einer Geburt

Es dauert eine Weile, bis sich nach einer Geburt die Gebärmutter zurückentwickelt hat. Auch kann die Scheide trockener sein als sonst. Narben nach einem Kaiserschnitt, Dammriss oder einer Zangengeburt verursachen vielleicht Schmerzen. Und das Baby verlangt der jungen Mutter einiges ab. Das Paar muss sich erst in die neue Situation einfinden. Hinzu mag die Sorge kommen, gleich wieder schwanger zu werden. Denn das Stillen bildet keinen hundertprozentigen Verhütungsschutz. Gemeinsame Vor- und Fürsorge ist also gefragt. Und vor allem Geduld!

Libido im Alter

Es ist normal, dass die Lust im Laufe des Lebens nachlässt. Mit dem Älterwerden ändert sich die Zusammensetzung der Hormone. Der Östrogenspiegel sinkt. Die Schleimhaut der Scheide wird dünner und verletzlicher, die Scheide insgesamt trockener. In stabilen Partnerschaften führen die körperlichen Veränderungen nicht zwangsläufig zu Problemen im Bett. Östrogenhaltige Scheidenzäpfchen, Gleitgel oder auch mehr Zeit und Zärtlichkeit können Abhilfe schaffen. Auf jeden Fall sollte das Paar Probleme gemeinsam angehen und lösen. Ältere Menschen, die neue Beziehungen beginnen, erleben oft ein Aufflammen sexueller Gefühle. In längeren Paarbeziehungen dagegen kann die Lust durch Gewohnheit einschlafen. Aber wenn es doch zum Beischlaf kommt, ist die Orgasmus-Rate hoch:

"Nicht wissenschaftlich ausgedrückt: Man kennt sich gut, man weiß, was der Partner mag und 'welche Knöpfe' man drücken muss, um z.B. einen Orgasmus zu erreichen. Das kann trotz anfänglicher Lustlosigkeit zu einem erfüllten Sexualleben führen."

Dr. med. Lisa-Maria Wallwiener, Gynäkologin


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