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Überlebender des Holocaust und Täterkinder im Gespräch Das Schweigen brechen

ARD-alpha dokumentiert im Film "Das Schweigen brechen – Ein Holocaustüberlebender und Täterkinder im Gespräch" eine einzigartige Begegnung: Der 94-jährige Holocaustüberlebende Dr. Leon Weintraub, Jens-Jürgen Ventzki, Sohn eines NS-Oberbürgermeisters, und Julie Lindahl, die Enkeltochter eines SS-Mannes, sprechen über Schuld, Scham und darüber, wie es weitergehen soll, wenn es keine Zeitzeugen mehr gibt: am Sonntag, 25. April, um 20.15 Uhr. Um 21.00 Uhr folgt eine Doku über Dr. Leon Weintraub aus der Reihe "Zeugin / Zeuge der Zeit". Beide Filme stehen auch in der BR-Mediathek zur Verfügung.

Stand: 15.04.2021

Es ist eine Begegnung, wie sie niemand von ihnen in dieser Form zuvor gehabt hat: Der 94-jährige Holocaust-Überlebende Dr. Leon Weintraub (im Bild), der Tätersohn Jens-Jürgen Ventzki und Julie Lindahl, die Enkeltochter eines SS-Mannes. | Bild: BR

Dr. Leon Weintraub, Julie Lindahl und Jens-Jürgen Ventzki treffen sich vor der Münchner Feldherrnhalle, einem zentralen Ort der NS-Propaganda. Die drei betrachten ein historisches Foto: Wehrmachtssoldaten mit Stahlhelmen und Uniformen stehen in Reih und Glied genau an der Stelle, an der sich die Gesprächspartner an diesem Septembertag im Jahr 2020 unterhalten. Das Treffen bringt einen ehrlichen, einen schmerzhaften Blick in die Vergangenheit hervor. Und doch geht es allen auch um die Zukunft: Wie lässt sich die Schuld der Vorfahren in einen Verwandlungsprozess übersetzen, hin zu verantwortlichem Handeln für die Verteidigung humanistischer Werte? Und: Was wünscht sich Dr. Leon Weintraub von den zukünftigen Generationen?

Leon Weintraub wurde als polnisch-jüdischer Junge im Alter von 13 Jahren ins berüchtigte Ghetto Łódź / Litzmannstadt eingesperrt und musste jahrelang unter Hunger und Folter Zwangsarbeit leisten. Wie durch ein Wunder überlebte er, auch das Vernichtungslager Auschwitz und die Konzentrationslager Groß-Rosen, Flossenbürg und Natzweiler.

Im Alter von 94 Jahren erzählt Leon Weintraub vom Überleben und was ihn nach wie vor jeden Tag antreibt.

Jens-Jürgen Ventzki hört Leon Weintraub intensiv zu. Dass seine eigenen Eltern an diesem Vernichtungssystem aktiv mitwirkten und laut seiner Aussage erst mit ihrem eigenen Tod aus der NSDAP ausgetreten sind, ist für den 77-Jährigen belastend. Sein Vater war ein hochrangiger Schreibtischtäter: Als NS-Oberbürgermeister von Łódź / Litzmannstadt unterstand ihm die Verwaltung des Ghettos.

Die Autorin und Menschenrechtsaktivistin Julie Lindahl wurde 1967 in Brasilien geboren und wusste lange Zeit nicht, wie es zu diesem ungewöhnlichen Geburtsort kam. Gegen den Willen ihrer Familie forschte sie nach und entdeckte die düstere, schuldbehaftete Geschichte ihres Großvaters. Seine Taten als SS-Mann, der in Polen für Deportationen und mutmaßlich für Mordaktionen mitverantwortlich war, veranlassten ihn Anfang der 60er-Jahre zur Flucht vor der bundesdeutschen Nachkriegsjustiz.

In einer bewegenden Rückschau erzählt der Holocaust-Überlebende Dr. Leon Weintraub anschließend in der Dokumentation "Zeuge der Zeit: Dr. Leon Weintraub – Wege zurück ins Leben" um 21.00 Uhr von seinem Martyrium aus Zwangsarbeit, Hunger und Todesangst im Ghetto Łódź / Litzmannstadt und in verschiedenen Konzentrationslagern. Bei seiner Befreiung im April 1945 wiegt Leon Weintraub nur noch 35 Kilogramm. Auch im Alter von 94 Jahren sieht er es als eine Art Verpflichtung, das Geschehene nicht in Vergessenheit geraten zu lassen: "Denn das Schlimmste, was man den Ermordeten als Nachwort, Nachklang geben könnte, wäre Vergessen."

Die Sendungen in der Übersicht:

Sonntag, 28. April 2021

20.15 Uhr: Das Schweigen brechen
Ein Holocaustüberlebender und Täterkinder im Gespräch
Dokumentation, 2021
BR Mediathek: bereits jetzt und nach Ausstrahlung 12 Monate verfügbar

21.00 Uhr: Zeuge der Zeit: Dr. Leon Weintraub
Wege zurück ins Leben
Dokumentation, 2020
BR Mediathek: bereits jetzt und nach Ausstrahlung 5 Jahre verfügbar


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