Überaus medienwirksam lieferten im November vergangenen Jahres 50 von mehr als 15.000 Käufern von VW-Dieselfahrzeugen aus Deutschland die erste Sammelklage gegen den Volkswagen-Konzern beim Braunschweiger Landgericht ab. Die dazugehörigen Akten trugen sie in Umzugskartons bis vor die Tür. Es handele sich um die "größte Sammelklage Europas", betonten Vertreter der US-Anwaltskanzlei Hausfeld und des Prozessfinanzierers Financialright GmbH damals. Die Übergabe des jüngsten Schriftsatzes am 29. März verlief im Gegensatz dazu vergleichsweise unspektakulär – auf dem Postweg.
6.000 Slowenen klagen gegen VW
Nach Informationen von BR Recherche haben erneut die Kanzlei Hausfeld und die Financialright GmbH eine Sammelklage gegen den Volkswagen-Konzern eingereicht. Eine Sprecherin des Braunschweiger Landgerichtes bestätigte den Eingang der Klage. Zu den Einzelheiten machte sie keine weiteren Angaben.
Hinter dieser Klage stehen mehr als 6.000 Käufer von Diesel-Fahrzeugen des Volkswagen-Konzerns in Slowenien, die ihre jeweiligen Forderungen an die Klageführer abgetreten haben. Die VW-Kunden hatten sich zwischen September 2017 und Januar 2018 über die slowenische Verbraucherschutzorganisation ZpS registrieren lassen und zu einer entsprechenden Klage bereiterklärt. ZpS will am Vormittag auf einer Pressekonferenz in der slowenischen Hauptstadt Ljubljana über das Verfahren informieren.
Kläger verlangen Rückabwicklung
In der über 850-seitigen Klageschrift, die BR Recherche in Auszügen vorliegt, verlangen die Kläger die Rückabwicklung des jeweiligen Fahrzeugerwerbs, weil sie "ein Kraftfahrzeug erwarben, das mit einer Manipulationssoftware ausgestattet ist und daher den geltenden Vorschriften nicht entspricht". Der Streitwert liegt bei rund 48 Millionen Euro, so die Anwaltskanzlei Hausfeld.
Dritte Sammelklage dieser Art
Nach Angaben einer Sprecherin des Braunschweiger Landgerichts handelt es sich um die dritte Klage dieser Art, die dort eingegangen ist. Seit November vergangenen Jahres haben Hausfeld und die Financialright GmbH bereits stellvertretend für etwa 15.000 deutsche VW-Diesel-Käufer dort eine entsprechende Schrift eingereicht. Außerdem vertreten sie in einer weiteren Klage die Forderungen von 2.000 Volkswagen-Kunden aus der Schweiz. Diese beiden Anträge sind noch nicht verhandelt.
Verbraucherschützer sehen Abtretungsmodelle kritisch
Verbraucherschützer in Deutschland stehen dieser Form der Klage zwiespältig gegenüber. "Abtretungsmodelle, wie das der Kanzlei Hausfeld, sind nicht der optimale Weg für eine Entschädigung der betroffenen Verbraucher. Denn sie bieten nur für Massenschadensfälle Lösungen, die für Kanzleien auch eine entsprechende Rendite erwarten lassen. Hohe Provisionen im Falle einer erfolgreichen Klage führen dazu, dass Verbraucher nicht den vollen Umfang ihres Schadens ersetzt bekommen", so der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbandes, Klaus Müller, im November 2017.
Insgesamt liegen dem Braunschweiger Landgericht rund 1.200 Verfahren im Zusammenhang mit dem VW-Dieselskandal vor. Die bisher gefällten etwa 370 Urteile seien überwiegend zu Gunsten des Autokonzerns ausgefallen.