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Tafel zeigt Flugausfälle in Nürnberg an

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Stau am Himmel: Warum gibt es so viele Flugverspätungen?

Stau am Himmel: Warum gibt es so viele Flugverspätungen?

Ferienbeginn - und das Chaos ging los. Am Wochenende ging nichts mehr für Tausende Passagiere am Münchner Flughafen. Fliegen wird in Stoßzeiten oft zur Lotterie. Die Gründe: überforderte Fluglinien, Dumpinglöhne, Personalmangel.

Über dieses Thema berichtet: report München am .

2018 ist ein Rekordjahr. Noch nie gab es so viele Stornierungen und Flugausfälle. In den letzten 30 Tagen war Lufthansa nach Easyjet die unpünktlichste Airline in Europa. Auf den vorderen Plätzen sind auch Lufthansa City Line und Germanwings.

Das registriert auch die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr in Berlin. Deren Leiter Edgar Isermann sagt, die Anträge auf Entschädigung für Flugausfälle und Verspätungen seien im ersten Halbjahr um 46 Prozent gestiegen.

"Der Flugmarkt ist ziemlich durcheinander gekommen durch die Air Berlin-Pleite. Und dies aufzufangen, ist noch nicht allen Fluggesellschaften gelungen. Und das geht leider zu Lasten der Flugreisenden. Die müssen das jetzt ausbaden." Edgar Isermann, Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr

Das erleben die Passagiere

Was das bedeutet, haben Eva Kaltenhauser und Suzana Fiala aus Traunstein erlebt. Mitte Juli waren die beiden mit einer weiteren Freundin auf Städtereise in Riga. Schon der Hinflug mit Air Baltic hatte 3 Stunden Verspätung.

Beim Rückflug war dann um 19 Uhr Schluss in Berlin. Zwei Lufthansa Flüge waren wegen Unwetter ausgefallen. Die drei Damen aus Traunstein, gestrandet in Berlin Tegel. Und dazu Ärger über den Service der Lufthansa und den Hauptstadtflughafen.

"Diese Enge, Katastrophe, da kriegst Du echt Platzangst, das war furchtbar. Es waren so viele Menschen auf diesem kleinen Flughafen, auf diesem engen Raum. Die Leute völlig auf sich gestellt, das Personal komplett überfordert, nicht besonders freundlich am Infocheck." Suzan Fiala

Was sagt die Lufthansa?

Die Freundinnen müssen in Berlin übernachten, erst am nächsten Nachmittag geht es weiter. Alle drei hätten an diesem Montag arbeiten müssen. Konsequenz – sie verlieren einen Urlaubstag.

Auf Anfrage von report München entschuldigt sich Lufthansa für die Verspätung, verweist auf die Unwetter. Die Häufung von Verspätungen erklärt Lufthansa mit der Situation: „Streiks, extreme Wetterlagen, und zunehmend auch Kapazitätsengpässen im europäischen Luftraum.“

Zu wenig Personal bei der Flugsicherung

Personalmangel bei den Fluglotsen ist tatsächlich auch eine Ursache für Verspätungen. Doch die Deutsche Flugsicherung will sich den Vorwurf nicht gefallen lassen, sie habe zu wenig Personal ausgebildet. Schließlich zwingen Vorgaben der Europäischen Union zu Kostensenkungen. Die Zahl der benötigten Fluglotsen wird von der EU prognostiziert.

"Wir haben gemäß den Vorgaben ausreichend Personal. Dass der Verkehr so angestiegen ist, das weiß man ja erst seit dem letzten Jahr, und das stimmt jetzt plötzlich mit den Prognosen wie sie waren für die zweite Periode nicht mehr überein." Kristina Kelek, Deutsche Flugsicherung

Weil die Ausbildung eines Fluglotsen aber mindestens vier Jahre dauert, kann jetzt nicht schnell reagiert werden. Für die Gewerkschaft der Fluglotsen sind Flugausfälle und Verspätungen Konsequenz des ruinösen Wettbewerbs.

Unqualifizierte werden eingestellt

Und immer häufiger werden unqualifizierte Mitarbeiter am Flughafen eingestellt, obwohl Sicherheitsprüfungen und Deutschkenntnisse zwingend vorgeschrieben sind. Denn die Beladung eines Flugzeuges ist sicherheitsrelevant. Verantwortlich dafür ist der Lademeister. Im interview mit report München will ein Lademeister anonym bleiben.

"Wenn man auf dieser Position Mitarbeiter hat, die den Lademeister gar nicht oder schlecht verstehen, die können dann auch nicht korrekt laden. Immer billiger, immer billiger, am Ende leidet die Sicherheit." Lademeister

Lange Wartezeiten und schlechter Service: Daran werden sich Fluggäste wohl gewöhnen müssen.


Autoren: Ulrich Hagmann, Markus Rosch / ARD report München