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Gehaltsabrechnung

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So wenig Netto bleibt vom Brutto

Mehr Leistung? Lohnt sich nicht - zumindest nicht für viele Geringverdiener. Sie müssen sprunghaft steigende Steuern und Sozialabgaben hinnehmen, wenn sie in einem neuen Job mehr verdienen, so eine Studie der Bertelsmann-Stiftung. Von Dieter Saake

"Für die unteren Einkommen lohnt es sich häufig nicht, mehr zu verdienen oder mehr zu arbeiten", sagt Manuela Barisic von der Bertelsmann-Stiftung

Sozialversicherungspflicht "problematisch"

Danach bleibt einem Single-Haushalt mit einem Jahreseinkommen von 17.000 Euro gar nichts von einem darüber hinaus verdienten Euro übrig, ein Ehepaar mit zwei Kindern, das 40.000 Euro verdient, müsste immer noch 44 Cent an den Staat abgeben - ein besser verdienendes Paar mit doppelt so hohem Jahreseinkommen dagegen nur 34 Cent. Besonders drastisch fällt die Mehrbelastung bei Minijobbern aus:

"Wir sehen es als problematisch, dass beim Übergang eines Mini-Jobs von 450 Euro hin zu sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung die totale Sozialversicherungspflicht einsetzt." Manuela Barisic von der Bertelsmann-Stiftung

Wenn man hier noch aufstockende Leistungen habe, muss dieser Minijobber sehr viel mehr Erwerbsarbeit leisten, damit mehr Netto übrig bleibe vom Brutto.

Kürzungen bei steigendem Einkommen enorm

Diese Ungleichbehandlung der unteren Einkommensgruppen ist im komplizierten deutschen Abgabensystem verankert. Ab bestimmten Einkommensgrenzen fallen Leistungen wie Wohngeld oder der Kinderzuschlag teilweise oder ganz weg, auch das Arbeitslosengeld 2 wird gekürzt, wenn das Einkommen steigt. Das ist prinzipiell logisch und richtig, die Stiftung beklagt allerdings das enorme Ausmaß der Kürzungen.

Bessere Abstimmung des Gesamtsystems notwendig

So würden Anreize, mehr zu arbeiten, systematisch zunichte gemacht. Die Bertelsmann-Stiftung fordert daher eine bessere Abstimmung des Gesamtsystems aus Steuern, Sozialabgaben und Transferzahlungen. Beispielsweise könne man die Transferleistungen aus Kinderzuschlag, Wohngeld und Arbeitslosengeld 2 so kombinieren, dass von einem hinzuverdienten Euro in jedem Fall 40 Cent übrig bleiben und die Belastung damit nicht so hoch sei, erklärt Manuela Barisic.

Niedrigere Sozialabgaben für Geringverdiener

Praktiker begrüßen den Vorstoß der Bertelsmann-Stiftung. Jutta Fechtelkord vom Lohnsteuerhilfeverein Bielefeld-Mitte will auch die hohen Sozialversicherungsabgaben für Geringverdiener reduzieren:

"Ich plädiere dafür, wie im Einkommensteuerrecht in den Sozialversicherungszweigen eine Progression einzuführen." Jutta Fechtelkord vom Lohnsteuerhilfeverein Bielefeld-Mitte