Passanten gehen an einer Filiale von Galeria Karstadt vorbei.
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Zum dritten Mal in gut drei Jahren insolvent: Der Warenhauskonzern Galeria aus dem Firmenimperium von René Benko.

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Galeria Karstadt Kaufhof: Insolvenz als "Befreiungsschlag"?

Zum dritten Mal in weniger als vier Jahren geht es bei den Kaufhäusern von Galeria, die früher Karstadt und Kaufhof hießen, um die Rettung aus einem insolventen Betrieb. Doch der Galeria-Chef spricht zunächst von einem "Befreiungsschlag". Was folgt?

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Die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof hat erneut Insolvenz angemeldet. Schuld sollen diesmal keine fehlenden Umsätze oder schlecht laufende Geschäfte sein, sondern die Krise des Mutterkonzerns Signa, der von Galeria zu hohe Mieten verlangt habe. Das zu ändern, soll nun den Weg für einen Neuanfang mit anderen Geldgebern ermöglichen. Eine Zerschlagung sei nicht das Ziel des Verfahrens, sagte der vorläufige Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus.

Zahlt der Staat wieder drei Monate lang Insolvenzgeld für Löhne und Gehälter?

Der abermalige Schritt in die Insolvenz sei nötig geworden, um nicht von der Signa Schieflage mitgerissen zu werden, die der österreichischen Immobilienunternehmers René Benko verursacht hatte. So hieß es zumindest in der Erläuterung des jüngsten Insolvenzantrags, der beim Amtsgericht Essen gestellt wurde. Wenn das Gericht dem Antrag zustimmt, können die Löhne und Gehälter erneut – wie schon beim letzten und vorletzten Mal – drei Monate lang von der Bundesagentur für Arbeit übernommen werden.

Was wird aus den Staatshilfen, die Benko für die Rettung von Galeria bekam?

Der Bund hofft außerdem, dass die insgesamt 680 Millionen Euro an Staatshilfen nicht verloren sind, die er bei früheren Rettungsaktionen dem damaligen Eigentümer René Benko hat zukommen lassen. Nur eine Weiterführung des Betriebs von Galeria bietet dafür eine Chance, vielleicht unter einem neuen Eigentümer, der dann auch noch bereit wäre, die verbliebenen Staatshilfen abzulösen.

Der Großteil dieser Hilfen wurde 2021 und 2022 aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) gezahlt. Ein Grund dafür waren damals auch die staatlich verordneten Corona-Lockdowns, durch die einige Händler unverschuldet während der Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten waren.

Bekommt Benko weiterhin Miete von Galeria?

Benkos Versprechen von 2023 dürfte inzwischen hinfällig sein, Galeria mit der Signa-Holding und mit insgesamt 200 Millionen Euro zu unterstützen. Die erste Teilzahlung davon in Höhe von 50 Millionen Euro stand wohl für Februar 2024 an. Ein Ausbleiben dieser Zahlungen wäre für das Unternehmen Galeria in seiner alten Form nicht zu verkraften, da die hohen Mietforderungen von Signa trotzdem weiter bestanden hätten. Diese Abhängigkeit soll nun beendet sein.

Die Signa Retail Selection AG mit Sitz in der Schweiz hatte zuvor im November Gläubigerschutz beantragt und als Ziel eine Verwertung ihrer Immobilienbeteiligungen angegeben, zu denen auch Kaufhäuser von Galeria gehören. Dem steht nun also der erneute Insolvenzantrag von Galeria gegenüber, der zu einer Aussetzung der Mietzahlungen führen könnte – oder zu entsprechenden Nachverhandlungen über niedrigere Zahlungen.

Kann der Betrieb der Kaufhäuser nun ungestört weitergehen?

"Wir sehen in dem heutigen Tag ausdrücklich einen Befreiungsschlag", sagte Olivier van den Bossche, Galeria-Chef. Das soll den rund 15.000 Mitarbeitenden Mut machen, die sich 12.000 Vollzeitstellen teilen und in den derzeit noch 92 Warenhäusern von Galeria arbeiten. 60 davon gelten als profitabel.

Neben der Standortqualität hängt das vor allem von der Höhe der Mieten ab, die an die verschiedenen Eigentümer der Immobilien zu zahlen ist. Bei 18 Häusern soll Signa teilweise mehr als 30 Prozent vom Umsatz als Mietzins verlangt haben, was einen nachhaltig wirtschaftlichen Betrieb zumindest langfristig fast unmöglich machte.

Wer könnte der Retter von Galeria diesmal sein?

Nach der Trennung von Signa sucht van den Bossche einen neuen Investor, der möglichst viele Häuser und Beschäftigte übernehmen soll, damit die Standorte erhalten bleiben. Entsprechende Gespräche und Verhandlungen seien schon angelaufen, heißt es. Um wen es sich dabei handelt, ist aber unklar. Ein Bericht, wonach der Modehändler Peek & Cloppenburg Interesse hat, wurde ebenso dementiert wie das Interesse der Düsseldorfer Investmentgesellschaft Droege.

Die Rettung könnte wie schon beim Berliner Luxuskaufhaus KaDeWe oder dem Oberpollinger München vielleicht aus dem Fernen Osten kommen. Die thailändische Central-Group hält bereits die Mehrheit an der KaDeWe-Gruppe in Berlin, zu der neben dem gleichnamigen Kaufhaus auch das Oberpollinger in München und das Alsterhaus in Hamburg gehören.

Für Kundinnen und Kunden würde das bedeuten: Sie werden im besten Fall nicht viel davon mitbekommen und können einkaufen wie bisher.

Welche Standorte sind besonders gefährdet und von Schließung bedroht?

Die Restrukturierung kann das Management diesmal nicht mehr in Eigenregie durchführen, sondern nur noch mithilfe eines Insolvenzverwalters. Das schränkt die Freiheiten der Geschäftsführung stark ein. Erstes Ziel ist eine erneute Nachverhandlung der Mietverträge mit Signa und anderen Eigentümern. Danach geht es um den Erhalt von möglichst vielen Standorten und Arbeitsplätzen mithilfe neuer Investoren. Dafür müssen die Filialen geöffnet bleiben, weil sie sonst schnell an Attraktivität für einen möglichen Kaufinteressenten verlieren.

Beschlossen sind allerdings schon einige Schließungen, wie in Bayern die beiden Filialen in Schweinfurt und in Kempten.

Ein endgültiges Aus für die Deutsche Warenhaus AG?

Bei Benko erfolgte die Übernahme in zwei großen Etappen. Erst erwarb der Österreicher die Warenhäuser von Karstadt, die einmal Teil des Arcandor-Konzerns waren, der aus Karstadt und dem Nürnberger Versandhandel von Quelle und Neckermann hervorgegangen war. Anschließend wurde Benko auch Galeria Kaufhof angeboten, nachdem sich der Handelskonzern Metro entschlossen hatte, die Kaufhauskette abzugeben. Aus beiden wollte Benko 2018 unter dem Namen "Galeria" eine "Deutsche Warenhaus AG" formen, zu der auch Sportkaufhäuser gehörten.

Das Großprojekt ist bis heute ein Sanierungsfall geblieben. Einige Mitarbeiter, die schon länger dabei sind, erleben nun schon die vierte Insolvenz.

Karstadt-Logo am Eingang
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