Explodierende Spritpreise (Symbolbild)
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Eine Übergewinnsteuer könnte Entspannung an den Tankstellen bringen, hoffen viele.

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Übergewinnsteuer für Ölkonzerne: Populismus oder Entlastung?

Trotz Tankrabatt: Die Preise an den Tankstellen bleiben vielerorts hoch. Im Mittelpunkt der Debatte steht nun eine sogenannte Übergewinnsteuer für Mineralölkonzerne. Die einen erhoffen sich Entlastung – die anderen halten die Idee für Populismus.

Sie soll die erhoffte Entlastung an den Tankstellen bringen: Eine Übergewinnsteuer für Mineralölkonzerne. Angesichts der weiter steigenden Spritpreise läuft derzeit eine hitzige Debatte über mögliche zusätzliche Abgaben auf die Extraprofite der Mineralölkonzerne. Länder wie Italien und Großbritannien haben bereits ähnliche Konzepte eingeführt.

Die bayerische Staatsregierung positionierte sich klar gegen den Vorschlag. Die aktuelle Diskussion um die Übergewinnbesteuerung sei "das populistische Aufwärmen alter Ideen", sagte Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) der Nachrichtenagentur dpa. Der Vorsitzende der Monopolkommission Jürgen Kühling bezeichnete die Idee derweil als überlegenswerten Ansatz. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wollte sich nicht festlegen.

Bayerns Finanzminister: "Seriös ist es nicht"

Bayerns Finanzminister Füracker kritisierte die Idee als "mit marktwirtschaftlichen Prinzipien nicht vereinbar". Es möge oberflächlich betrachtet gut klingen, zwischen guten und schlechten Gewinnen zu unterscheiden. "Seriös ist es nicht", sagte er. "Ich bin überzeugt, diese willkürliche Differenzierung wird verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht gerecht." Wer hohe Gewinne mache, zahle auf diese Gewinne auch entsprechende Steuern. "Mir ist nicht ersichtlich, wie man eine solche Idee sowohl rechtlich als auch administrativ korrekt umsetzen soll."

Aus der Bundesregierung war ein entsprechender Vorschlag gekommen, unter anderem weil der Verdacht besteht, dass die temporäre Senkung des Steuerniveaus zur Entlastung von Bürgern und Unternehmen von den Energiekonzernen nicht in voller Höhe weitergegeben werde.

Der größte Teil der drei Milliarden Euro an Steuergeldern aus dem sogenannten Tankrabatt lande in den Taschen der Mineralölkonzerne, sagte etwa der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher.

Monopolkommission: Einnahmen zur Finanzierung sozialer Maßnahmen nutzen

Der Vorsitzende der Monopolkommission, Jürgen Kühling, bezeichnete die Einführung einer Übergewinnsteuer als überlegenswerten Ansatz. "Die Einnahmen könnten etwa zur Finanzierung sozialer Maßnahmen zur Abfederung der Preissteigerungen vor allem für ärmere Familien eingesetzt werden", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ). Die Steuer dürfe allerdings nicht dazu führen, dass Investitionen insbesondere in erneuerbare Energien abwürgt würden. "Großbritannien sieht hier beispielsweise Freibeträge für Investitionen vor."

Zugleich warnte Kühling vor einer Abschaffung des umstrittenen Tankrabatts, "da dies die Spritpreise weiter nach oben treiben würde". An seiner Kritik an dem Instrument hielt er gleichwohl fest. Zum einen sei unklar, wie viel von den Rabatten und Steuersenkungen bei den Verbrauchern ankomme. Zum anderen begünstige der Tankrabatt Haushalte mit höheren Einkommen. Außerdem stünden Preissenkungen von Energieprodukten den Klimaschutzzielen der Bundesregierung entgegen.

Scholz: Konzept wird von Regierung geprüft

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wollte sich in der Frage einer Steuer auf übermäßige Unternehmensgewinne generell nicht festlegen. Grundsätzlich sei eine Übergewinnbesteuerung "auf der Grundlage des Koalitionsvertrags der Ampel-Koalition derzeit nicht vorgesehen", sagte Vizeregierungssprecherin Christiane Hoffmann. "Gleichwohl werden alle wesentlichen Argumente und Gegenargumente zur Frage dieser sogenannten Übergewinnsteuer in der Bundesregierung erörtert."

Hoffmann reagierte damit auf die Frage eines Journalisten, wie Scholz die Sache sehe, da innerhalb der Bundesregierung die Meinungen deutlich auseinander gingen. "In der aktuellen Lage werden die Argumente, also das Pro und Contra, die Möglichkeiten und Schwierigkeiten innerhalb der Bundesregierung erörtert", sagte sie.

Habeck: "Nicht jeden Gewinn akzeptieren"

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte in einem Interview mit RTL/ntv gesagt, er finde es richtig, "nicht jeden Gewinn zu akzeptieren". Es gebe Unternehmen, die extreme Gewinne durch den Ukraine-Krieg machten. "Vom Krieg zu profitieren, das gehört sich eigentlich nicht.

Das Problem sei allerdings, diese Profite von anderen abzugrenzen. "Trotzdem finde ich, man soll daran arbeiten, wissend, dass es kompliziert ist." Auch andere Grünen-Politiker sowie Vertreter der SPD hatten sich für eine Übergewinnsteuer ausgesprochen.

FDP will von Übergewinnsteuer nichts wissen

Dagegen lehnt die FDP den Vorschlag strikt ab. "In Deutschland gibt es eine Besteuerung von Gewinnen, aber keine Diskriminierung einzelner Branchen", sagte etwa Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Bei einer Übergewinnsteuer bestehe die "große Gefahr", dass letztlich das Gegenteil des Gewünschten erreicht werde - nämlich eine "unkontrollierte Inflationsspirale".

Der finanzpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Markus Herbrand, sagte dem Bayerischen Rundfunk: "Das ist etwas, was zwar im ersten Augenblick immer sehr gut klingt, auf der anderen Seite aber zu enormen Schwierigkeiten führt. Denn es ist kaum zu eruieren, was ist in einem Gewinn enthalten - der Teil, der auf den Übergewinn entfällt."

Mit Blick auf den Tankrabatt, der seit Anfang des Monats gilt, sagte Herbrand: "Es ist kein Geheimnis: Es läuft nicht alles so, wie wir uns das gewünscht hätten. Eine gute Idee, die möglicherweise nicht zu dem gewünschten guten Ergebnis führt." Man werde nachjustieren müssen - gegebenenfalls auch gesetzlich. Zunächst wolle man aber Gespräche mit den Mineralölkonzernen führen.

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