Trabi mit Schild "Bedingungsloses Grundeinkommen", Fahrradfahrer
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Seit zwei Jahren läuft eine Studie zum bedingungslosen Grundeinkommen

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Studie zu bedingungslosem Grundeinkommen: Eine Zwischenbilanz

Ein bedingungsloses Grundeinkommen für jeden – das ist eine Idee, die seit vielen Jahren diskutiert wird. Vor zwei Jahren startete dazu eine Studie. So hat sich das Grundeinkommen bisher auf das Leben einer Teilnehmerin ausgewirkt.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Bianca Radlbeck konnte es gar nicht glauben – sie war eine von über eine Million Bewerbern für ein bedingungsloses Grundeinkommen – und sie wurde ausgewählt. Die junge Frau, Mitte 20, ist gelernte Schlosserin und wollten damals in München studieren, da kam ihr das bedingungslose Grundeinkommen gerade recht.

Drei Jahre lang wird sie es bekommen und muss dafür regelmäßig Fragebögen ausfüllen, Interviews geben und Haarproben abgeben. An den Haaren könne man nämlich ablesen, wieviel Stress der Mensch gerade hat, erklärt Studienleiter Jürgen Schupp vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.

Erste großangelegte Studie zum Grundeinkommen in Deutschland

Das ist eine große Frage, die die Studie beantworten will: Wirkt sich das bedingungslose Grundeinkommen auf den Stress der Menschen aus? Wie verhalten sich die Menschen, wenn sie eine Grundsicherung bekommen? Hören sie wirklich auf zu arbeiten? Nutzen sie die Zeit, sich weiterzubilden? Können sie sich entspannter einen besseren Job suchen?

Wissen will das der Verein "Mein Grundeinkommen", der schon seit Jahren immer wieder Grundeinkommen verlost, die aus Spenden finanziert werden. Sie wollen vor allem das große Vorurteil widerlegen, dass sich mit einem bedingungslosen Grundeinkommen viele nicht mehr anstrengen wollen, sich in die soziale Hängematte legen.

Nach zwei Jahren – erste Zwischenbilanz?

Eine offizielle Zwischenbilanz der Studie gibt es nicht. Studienleiter Jürgen Schupp erklärt, sie hätten sich dagegen entschieden, um die Ergebnisse nicht zu verfälschen. Er verriet nur so viel: dass es sehr unterschiedliche Reaktionen der Beteiligten auf das Grundeinkommen gibt.

Bei Bianca Radlbeck hat sich in diesen zwei Jahren viel verändert: Sie ist tatsächlich nach München gezogen, um zu studieren. Hat aber nach drei Semestern erkannt, dass es sie nicht glücklich macht. Sie hat ihr Studium abgebrochen und sucht wieder einen Job. Das bedingungslose Grundeinkommen gibt ihr eine gewisse Sicherheit und die Möglichkeit, in Ruhe eine gute Stelle zu suchen.

Idee des bedingungslosen Grundeinkommens

Es gibt unzählige Modelle eines bedingungslosen Grundeinkommens, die in den letzten Jahren diskutiert wurden. Sie unterscheiden sich meist in der Höhe, aber auch in der konkreten Ausgestaltung.

Man könnte beispielsweise alle staatlichen Leistungen zusammenpacken und an alle ausbezahlen. Das würde bedeuten, dass es keinerlei zusätzlichen staatlichen Hilfen mehr geben würde, zum Beispiel Wohngeld, Kindergeld oder auch spezielle Zahlungen zum Beispiel für Menschen mit Einschränkungen. Oder soll es weiterhin bedarfsgerechte Zuzahlungen geben?

Was kostet das - Wie hoch wäre das Grundeinkommen?

Das kommt natürlich darauf an, wie hoch das Grundeinkommen sein soll. Wenn es sich am Existenzminimum orientiert, würde laut einer Studie des wissenschaftlichen Beirats des Finanzministeriums jeder Erwachsene 1.208 Euro, jedes Kind 684 Euro bekommen. Das ergibt eine Gesamtsumme von ungefähr 1,2 Billionen Euro, die erst einmal ausgezahlt werden. Wer mehr verdient, dem würde das Grundeinkommen dann nach und nach wieder "wegversteuert".

Wer soll das bezahlen?

Auch bei der Finanzierung gibt es viele verschiedene Ideen. Wieder kommt es auf das gewählte Modell an, aber auch darauf, wie viel eingespart werden kann, zum einen an Bürokratie, aber auch an Sozialausgaben.

Manche Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens rechnen das komplette Sozialbudget Deutschlands dagegen, das wären rund 900 Milliarden Euro. Kritiker weisen aber darauf hin, dass in diesem Sozialbudget zum Beispiel auch Renten und Pensionen enthalten sind. Die könne man nicht einfach einkassieren, das käme einer Enteignung gleich.

Hohe Steuersätze wären nötig

Der wissenschaftliche Beitrat im Finanzministerium hat die Finanzierung in verschiedenen Varianten durchgerechnet. Für das existenzsichernde Modell müssten die Steuersätze so stark steigen, dass eine komplette Gegenfinanzierung fast unmöglich erscheint. Der Eingangssteuersatz läge schon bei 60 Prozent und das könnte bis auf 99 Prozent steigen, im Schnitt würde es auf eine Steuerbelastung von 75 Prozent hinauslaufen.

Effekte einer so hohen Steuer

Eine solch enorme Steuerbelastung wirkt sich natürlich auch auf das weitere Verhalten der Menschen aus. Denn dann stellen sich womöglich doch mehr die Frage, ob sich Arbeit wirklich noch lohnt oder das Grundeinkommen womöglich doch reicht.

Die Finanzierungsfrage ist bei der aktuellen Studie übrigens noch ausgeklammert, sie und die möglichen Effekte sollen in einer Folgestudie erforscht werden. Die Ergebnisse der laufenden Untersuchung werden im Herbst 2024 veröffentlicht.

Die aktuellen Studienteilnehmer müssen ihr Grundeinkommen noch nicht versteuern, sie bekommen es zu ihren anderen Einkommen einfach obendrauf. Bianca Radlbeck hat es ihre Entscheidung, das Studium abzubrechen, erleichtert und die Suche nach einem neuen Job auch. Hätte sie das ohne Grundeinkommen auch gemacht? Ja, sagt sie, aber so sei es einfacher gewesen.

Erklärvideo: Was ist das bedingungslose Grundeinkommen?

Was ist die Idee hinter dem bedingungslosen Grundeinkommen, wie funktioniert es?
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Was ist die Idee hinter dem bedingungslosen Grundeinkommen, wie funktioniert es?

Dieser Artikel ist erstmals am 25. Juni 2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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