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Dmitri Hvorostovsky

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Tod mit 55: Opernstar Dmitri Hvorostovsky erliegt Krebskrankheit

Vor zwei Jahren wurde bei ihm ein Hirntumor entdeckt: Seitdem konnte der lyrische Bariton aus Sibirien kaum noch auftreten. Hvorostovsky hatte Gleichgewichtsprobleme und musste sich einer intensiven Behandlung unterziehen. Von Peter Jungblut.

Die Titelrolle in Tschaikowskis "Eugen Onegin" war sein Markenzeichen: Dmitri Hvorostovsky, Jahrgang 1962, verkörperte diesen melancholischen, typisch russischen Charakter mustergültig. Etwas blasiert, etwas ruppig, sehr maskulin und natürlich verführerisch: So stellte sich der Opernbesucher den so gefährlichen wie mitleiderregenden Puschkin-Helden vor. Angefangen hat Hvorostovsky angeblich in einer Heavy-Metal-Rockband, studierte dann in seiner Heimatstadt Krasnojarsk Gesang und gewann 1989 in Cardiff mit 27 Jahren den Wettbewerb "Singer of the World", seitdem gehörte er international zu den größten Nachwuchshoffungen seines Fachs. Kurz darauf brachte er sein erstes Lieder-Album auf den Markt, es folgten viele Engagements, wobei sich der Bariton nicht an ein Haus binden wollte. Hvorostovsky sang bei den Salzburger Festspielen und in führenden Opernhäusern wie der New Yorker Metropolitan Opera, der Wiener Staatsoper und der Staatsoper in Berlin.

Auftritte in München

An der Bayerischen Staatsoper in München war er als Figaro (Il barbiere di Siviglia) und Giorgio Germont (La traviata) zu Gast, bei den Münchner Opernfestspielen 2013 gab er einen Liederabend. Vorwürfe, er nehme sich zu viele Rollen in zu kurzer Zeit vor, ließ Hvorostovsky nicht gelten. Und der Erfolg gab ihm recht: Stimmkrisen kannte er nicht, seine Auftritte überzeugten allesamt. Er selbst hatte einen Hang zur Überheblichkeit, gab sich gern etwas arrogant und ausgesprochen souverän, war insofern ganz und gar Russe, überspielte damit aber möglicherweise auch eine gewisse Unsicherheit.

Druckvolle Stimme

Kritiker bemängelten allenfalls seine druckvolle Stimme und seine lautstarken Atemgeräusche, also seinen Hang zum auftrumpfenden Forcieren: Singen war für Hvorostovsky Schwerstarbeit, was eben auch zu hören war. Umso konditionsstärker meisterte er weite, ja nachgerade "unendliche" Legato-Bögen und brillierte in kräftezehrenden Partien, so als Jago, Nabucco und Simon Boccanegra in Verdi-Opern, die er wegen ihrer Effekte sehr schätzte.

Partner von Anna Netrebko

Er war Anna Netrebkos Partner bei deren erstem Deutschland-Konzert nach einer Babypause 2009 in Braunschweig, wo die beiden frenetisch gefeiert wurden. Noch im Mai 2017 hatte Hvorostovsky einen überraschenden Auftritt bei einer Operngala an der New Yorker «Met» mit einer Arie aus «Rigoletto» von Giuseppe Verdi. Bei der Sommernachtsgala in Grafenegg vor wenigen Monaten wurde der Sänger ebenfalls bejubelt: Die düstere Arie des Rigoletto, das neapolitanische „Passione“ und die „Ochi Chornye“ gestaltete so beeindruckend wie ergreifend. Der Direktor des renommierten Moskauer Bolschoi-Theaters, Wladimir Urin, würdigte die künstlerische Leistung Hvorostovskys als einmalig.

"Der Besitzer einer so wunderbaren Stimme lebt nicht mehr. Er hatte eine einzigartige Musikalität und eine unglaubliche schauspielerische Ausstrahlung, sagte Urin der Agentur Tass.

Konzertabsagen 2015

Nach seiner Diagnose musste Hvorostovsky die meisten geplanten Konzerte absagen, darunter einen Auftritt mit den Weltstars Anna Netrebko und Jonas Kaufmann im Juni 2015 auf dem Münchner Königsplatz. An der Wiener Staatsoper hätte der Bariton „Un ballo in maschera“ im November sowie in „Otello“ und „Rigoletto“ im Frühling 2018 singen sollen. Er wurde in London behandelt, wo er mit seiner Familie lebte.