Da hat sich einer mit Haut und Haaren dem Turbokapitalismus verschrieben und hetzt sich zu Tode. Jedermann im Hamsterrad, das sich dreht, immer rasender rotiert zur sich crescendo-artig anschwellenden Klangkulisse von Komponist Sven Kaiser, so dass Jedermann kaum mehr Schritt halten kann.
Der reiche Jedermann ist bei Schmalz ein knallharter Kapitalist von heute, der die Welt mit all ihren Übeln nur durch die Scheiben seiner Limousine wahrnimmt. Und doch handelt es sich bei diesem Stück-Update keineswegs um eine vordergründig platte Aktualisierung. Obwohl es im Text nur so wimmelt von Wörtern wie "Investment", "Analysten" oder "Kleinanlegern", schreibt Ferdinand Schmalz kein banales Alltagsdeutsch. Seine Sprache ist kunstvoll. Melodisch und rhythmisiert. Stefan Bachmann begreift die Vorlage daher zu Recht als Partitur und inszeniert eine fulminante Sprechoper.
Gelungene Neuinterpretation
Autor und Regisseur gelingt es außerdem, die existentielle Dimension der Vorlage zu erhalten. Der "Jedermann" ist ja auch eine Art metaphorisches Kasperltheater. Und so gibt es auch hier einen Tod als Sensenfrau, es gibt Teufelshörnchen, ja selbst die personifizierten "Guten Werke" treten auf, nur dass sie sich hier als "Charity" vorstellen. Ferdinand Schmalz hat den "Jedermann" einerseits konsequent ins heute fortgeschrieben, andererseits gibt er dem Stoff eine andere Richtung. Bei Hugo von Hofmannsthal ist Jedermanns Anbetung des Götzen Mammon ein Problem auf dem Weg in ein Leben nach dem Tod. Bei Schmalz geht es eher um das Leben davor. "Das Leben schmeckt nach nichts ohne den Tod“, heißt es einmal bei ihm. Mit anderen Worten: erst die Vergänglichkeit macht das Leben kostbar, sein Wert lässt sich mit Geld nicht bemessen.