Mit seinen Kirchen, ihrer sakralen Raumgestaltung und überzeugenden Lichtregie, wollte Dominikus Böhm Gläubigen das Mysterium von Golgatha nahe bringen. Er baute, was er glaubte. Und vielleicht war es ja gerade die in diesen Bauten zu Tage tretende religiöse Überzeugungskraft, die seine Nachfahren dazu brachte, selber Architekten zu werden. Betrachtet man in Passau die Fotografien seiner Werke aus Ziegelsteinen, Natursteineinlagen und Sichtbeton oder die mit dem Kohlestift gefertigten Entwurfszeichnungen dieser monumentalen Gebäude und Gotteshäuser, die zum Teil wie moderne Trutzburgen wirken, wird verständlich, wieso er zum Gründer einer prägenden Architektenfamilie werden konnte. Die wird im Museum Moderner Kunst anhand von Kurzporträts, Modellen und ausgewählten Arbeiten in mehreren Räumen überzeugend präsentiert.
Kristalline Formen aus Beton
Natürlich ist es schön, dass Gottfried Böhms Pappmodell seiner berühmten Wallfahrtskirche von Neviges in der Schau zu sehen ist: eine kunstvolle Ballung kristalliner Formen aus Beton. Mit Bleistift und Kohle hat er diese grandiose Architektur in kubistischer Anmutung außerdem auf mehreren Skizzen zu Papier gebracht. Aber auch weitere Entwürfe überzeugen durch Originalität und Schwung, beispielsweise die Blätter für das Potsdamer Hans Otto Theater, die Berliner Reichstagskuppel oder ein Kulturzentrum in Tokio. Qualität und Ideenreichtum sind dabei das Kennzeichen dieses Architekten, der 1986 als erster Deutscher den begehrten Pritzker-Preis erhielt, immerhin eine Art Nobelpreis für Architektur. Mittlerweile hat der 97-jährige sein Büro seinen Söhnen übereignet, fertigt aber nach wie vor mit Pastellkreide und Farbstiften utopische Stadtlandschaften an, die jetzt ebenfalls zu sehen sind. Zeichnen, nicht nur um Gebäude zu entwerfen, sondern überhaupt um künstlerisch tätig zu sein, scheint ein Faible dieser Architekten-Dynastie zu sein.
Konkurrent und Ratgeber in Personalunion
Die verschiedenen Büros der Architektenfamilie Böhm befinden sich in Köln quasi um die Ecke. Man diskutiert, besucht sich, ist Konkurrent und Ratgeber in Personalunion und manchmal kommt auch der „Boss“ auf einen Kaffee vorbei, wie der Senior, Gottfried Böhm, liebevoll von seinen Söhnen genannt wird. Zeigt man sich gegenseitig Skizzen künftiger Projekte? Da zuckt Paul Böhm mit den Schultern, gesteht, dass dies „eher weniger“ der Fall sei und entschuldigt das mit der starken Inanspruchnahme von Bauprojekten, wie etwa der in diesem Jahr realisierten Zentralmoschee von Köln-Ehrenfeld: eine beeindruckende moderne Raumskulptur, bestehend aus gerundeten Schalenelementen und Glas.
Die absolut sehenswerte Ausstellung präsentiert auch diverse Inneneinrichtungen der 2012 verstorbenen Mutter der Brüder und zum Teil konstruktivistisch wirkende Entwürfe für Böden, Decken oder Wände von Markus Böhm. Der wurde als einziger kein Architekt, weil er meinte, dass in der Familie genügend Baumeister vertreten sind. ca.