Bildrechte: Juan Sebastian Lobos/Armada Argentina

Vermisstes U-Boot "Ara San Juan"

Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Tragödie um argentinisches U-Boot erreicht Bundesregierung

Die Tragödie um das verschollene argentinische U-Boot "San Juan" mit 44 Seeleuten an Bord beschäftigt jetzt auch die Bundesregierung. Es geht um die möglicherweise dubiose Rolle zweier deutschen Firmen. Von Ivo Marusczyk und Arne Meyer-Fünffinger

Im Südatlantik läuft noch immer die Suche nach dem argentinischen U-Boot "San Juan". Auch wenn es für die 44 Seeleute an Bord keine Hoffnung mehr gibt. An Land hat inzwischen schon die Suche nach Verantwortlichen begonnen. Dabei rücken auch zwei deutsche Firmen ins Visier. Bei der Generalüberholung der "San Juan" sollen deutsche Unternehmen Schmiergeld bezahlt haben - und nach Informationen des Bayerischen Rundfunks wurde nicht ausreichend dokumentiert, welche Arbeiten diese Firmen genau ausgeführt haben.

"Es besteht der Verdacht, dass Bestechungsgeld geflossen ist bei der Reparatur der 'San Juan' - und dass deutsche Unternehmen involviert waren." Cornelia Schmidt-Liermann, Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des argentinischen Parlaments

Deutsche Firmen bauten Batterien aus

Das U-Boot lief 1983 in Emden vom Stapel, bis 2011 wurde es generalüberholt. An dieser Reparatur waren deutsche Firmen beteiligt. Unter anderem wurden die Batterien ausgetauscht. - genau die Batterien, die wahrscheinlich jetzt zum Untergang der "San Juan" geführt haben. In seinem letzten Funkspruch meldete der Kommandant einen Schwelbrand im Bereich der Bug-Batterien. Wasser, das durch den Schnorchel eingedrungen war, hatte einen Kurzschluss ausgelöst. Drei Stunden später registrierten Unterwasser-Mikrofone eine Explosion im Südatlantik, seitdem ist die "San Juan" verschollen. 

Die Generalüberholung des U-Boots in einer argentinischen Werft war seinerzeit ein nationales Prestigeprojekt - eine Reparatur, die der "San Juan" weitere 30 Jahre Dienstzeit garantieren sollte, wie Präsidentin Kirchner damals stolz verkündete. Aber aus heutiger Sicht ist damals nicht alles mit rechten Dingen zugegangen. Verteidigungsminister Oscar Aguad sagt inzwischen:

"Alle Verdachtsmomente lassen annehmen, dass hier Korruption vorlag. Es wurde sogar Anzeige vor dem ersten Bundesgericht erstattet, in der von Korruption und Anomalien die Rede war, aber die wurde unter den Teppich gekehrt und nicht verfolgt. Und es gibt auch Aussagen, dass die verwendeten Materialien nicht der erforderlichen Qualität entsprechen." Oscar Aguad

Im Fokus: Ferrostaal und EnerSys-Hawker

Im Fokus stehen die deutschen Unternehmen Ferrostaal und EnerSys-Hawker mit Sitz in Essen beziehungsweise Hagen. Mit ihnen wurde ein Vertrag über die Lieferung von 964 Batteriezellen abgeschlossen. Kostenpunkt: 5,1 Millionen Euro. Argentinische Politiker sind sicher, dass dabei Schmiergeld floss. Es wäre nicht das erste Mal. Einige Jahre zuvor verhandelten dieselben Firmen über die Lieferung von Schnellbooten an Argentinien und Chile. Das Geschäft kam nicht zu Stande, trotzdem wurden Bestechungsgelder bezahlt. Das ist aktenkundig, der deutschen Justiz sollen entsprechende Aussagen vorliegen.

"Es ist sehr undurchsichtig", sagt Schmidt-Liermann. In Argentinien wurde 2010 Anzeige wegen Korruption im Zusammenhang mit den U-Boot-Batterien erstattet, allerdings wurden diese Aussagen unter den Teppich gekehrt. Und es steht nicht nur der Verdacht im Raum, dass geschmiert wurde. Die argentinische Parlamentarierin prangert an, dass nicht dokumentiert wurde, welche Arbeiten die deutschen Unternehmen genau ausgeführt haben - und ob sie den Batterietausch selbst überwacht und abgenommen haben. 

"Es besteht der Verdacht, dass die Batterien, die ersetzt worden sind, teilweise oder ganz nicht von der Qualität waren, die sie hätten haben sollen. Wir wissen auch nicht, woher sie kamen, aus Deutschland oder einem anderen Land. Deswegen wollen wir wissen, welche Techniker dort vor Ort waren und wer dann unterzeichnet hat: So, das ist jetzt repariert. Diese Information haben wir nicht und die brauchen wir." Cornelia Schmidt-Liermann

Ferrostaal weist Vorwürfe zurück, EnerSys-Hawker äußert sich nicht

Sie hat die Bundesregierung jetzt schriftlich angefragt, ob sie Informationen beisteuern kann. Die Firma Ferrostaal weist jede Verantwortung von sich, man habe lediglich seinerzeit den Auftrag vermittelt und dafür eine Provision bekommen - inzwischen habe man sich aus solchen Geschäften ganz zurückgezogen. EnerSys-Hawker, der Lieferant der Batteriezellen, hat trotz mehrerer Anfragen bis jetzt nicht Stellung genommen.