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Papstbesuch in Chile

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Papst verurteilt Unterdrückung indigener Völker

Seit Jahren kämpfen die Mapuche in Chile für ihre Rechte. Das Leid der Ureinwohner sprach Papst Franziskus an. Aber nicht alle Mapuche jubelten ihm zu: Sie kritisieren die Kirche als Teil eines Unterdrückungssystems. Von Jan-Christoph Kitzler

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Noch einmal fast 700 Kilometer weiter in den Süden ist Papst Franziskus gereist, um über die Lage der indigenen Völker zu sprechen. Auf das Gelände eines Militärflughafens bei Temuco waren viele Gläubige des Volks der Mapuche gekommen, und hatten sichtbare und hörbare Zeichen ihrer Tradition dabei. Große Begeisterung, als der Papst sie in ihrer Sprache begrüßte.

Papst Franziskus: "Messe für alle, die gelitten haben."

Rund 1,3 Millionen Mapuche leben in Chile, die meisten hier in Araukanien, im Süden des Landes. Seit Jahren kämpfen sie um Anerkennung und für die Rückgabe von Ländereien, die ihnen genommen wurden. Unter der Pinochet-Diktatur seit 1973 hatte sich die Lage der Mapuche verschärft. Auch hier auf dem Militärflughafen hatte das Regime in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts gefoltert. Papst Franziskus sprach die Leiden der Mapuche in aller Deutlichkeit in seiner Predigt an:

"Im Zusammenhang der Danksagung für dieses Land und sein Volk, aber auch des Leidens und des Schmerzes feiern wir die Eucharistie. Und wir tun es auf diesem Flugplatz von Maqueue, auf dem schwere Verletzungen der Menschenrechte stattgefunden haben. Ich feiere diese heilige Messe für alle, die gelitten haben und gestorben sind, und für alle, die täglich auf ihren Schultern die Last so vieler Ungerechtigkeiten tragen müssen." Papst Franziskus

Anschläge radikaler Mapuche-Gruppen

Doch längst nicht alle Mapuche sehen die Rolle des Papstes positiv: In den letzten Tagen hatte es Anschläge auf mehrere Kirchen gegeben, im Süden Chiles und in der Hauptstadt Santiago, zu denen sich radikale Mapuche-Gruppen bekannt hatten. Sie sehen die katholische Kirche als Teil eines Systems der Unterdrückung. Ob der Besuch des Papstes die Lage beruhigen kann? Pedro Carnales, Historiker an der Universität Santiago, ist skeptisch:

"Er kommt zu einem, wie ich finde, ziemlich schwierigen und komplizierten Zeitpunkt. Vor allem auf der chilenischen Seite der Grenze. Da finden wir in der Mapuche-Bewegung einige radikale Gruppen, die inzwischen jeden Dialog ablehnen, die gar kein Abkommen mit der jeweiligen Regierung mehr schließen wollen." Pedro Carnales, Historiker

Treffen mit Mapuche-Vertretern

Aber etwas Bewegung gibt es: Chiles aus dem Amt scheidende Staatspräsidentin hatte im letzten Jahr erstmals um Verzeihung für die vom Staat begangenen Fehler und Gräuel gebeten.

Nach der Messe wollte sich Papst Franziskus mit einigen Vertretern der Mapuche treffen. Viele von ihnen erhoffen sich vom Papstbesuch Rückenwind für ihre Sache. Und sie konnten auch den Appell von Franziskus für ihre Sache deuten: Einheit in der Verschiedenheit.

"Die Einheit entsteht nicht und wird nicht daraus entstehen, die Unterschiede zu neutralisieren oder verstummen zu lassen. Die Einheit ist nicht ein Trugbild erzwungener Integration oder angleichender Ausgrenzung. Der Reichtum eines Landes entsteht gerade daraus, dass jeder Teil sich entschließt, sein Wissen mit den anderen zu teilen. Einheit ist und wird nicht eine erstickende Einförmigkeit sein, die für gewöhnlich aus der Vorherrschaft und der Macht des Stärkeren hervorgeht, und auch nicht eine Trennung, die die anderen als gut anerkennt. […] Die Einheit ist eine versöhnte Verschiedenheit." Papst Franziskus

Unmöglich, dass ein kurzer Papstbesuch einen tiefgreifenden Konflikt, wie den mit den Mapuche lösen kann. Aber Franziskus hat den Finger in die Wunde gelegt, und auf den weiten Weg hingewiesen den Chile noch vor sich hat.