Bildrechte: pa / dpa / Peter Endig

Zelle Nr. 5 im Polizeirevier Dessau-Roßlau

Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

"Monitor": Asylbewerber Oury Jalloh vermutlich getötet

Der vor mehr als zwölf Jahren in Zelle 5 des Polizeireviers Dessau-Roßlau verbrannte Asylbewerber Oury Jalloh wurde nach WDR-Recherchen mit hoher Wahrscheinlichkeit getötet. Zu diesem Schluss seien Experten anhand der Ermittlungsakten gelangt.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 1 am Vormittag am .

Mehrere Sachverständige hielten einen Tod durch Fremdeinwirkung für wahrscheinlicher als die lange verfolgte These der Selbstanzündung, berichtet das WDR-Fernsehmagazin "Monitor" in seiner heutigen Ausgabe unter Verweis auf die Ermittlungsakten. Auch der langjährige Ermittler der Staatsanwaltschaft Dessau, der leitende Oberstaatsanwalt Folker Bittmann, gehe von einem begründeten Mordverdacht aus. Dies gehe aus einem Schreiben vom April dieses Jahres hervor.

Tod schon vor Ausbruch des Feuers

Bittmann halte es demnach für wahrscheinlich, dass Jalloh bereits vor Ausbruch des Feuers mindestens handlungsunfähig oder sogar schon tot war und mit Brandbeschleuniger besprüht und angezündet worden sei. Der Oberstaatsanwalt benennt laut "Monitor" in dem Brief sogar konkrete Verdächtige aus den Reihen der Dessauer Polizeibeamten.

Hinweise auf Brandbeschleuniger

Die Experten führen dem Bericht zufolge in ihren Stellungnahmen aus, dass sich der Zustand der Zelle und des Leichnams Jallohs nach dem Brand nicht ohne Einsatz geringer Mengen von Brandbeschleuniger wie etwa Leichtbenzin erklären lasse. Jalloh sei vermutlich bei Brandbeginn komplett handlungsunfähig oder sogar bereits tot gewesen.

Verfahren soll eingestellt werden

Der Asylbewerber aus Sierra Leone war am 7. Januar 2005 in einer Dessauer Polizeizelle ums Leben gekommen. Er starb gefesselt an einer Matratze bei einem Brand in der Gewahrsamszelle. Es gab mehrere Gerichtsverfahren. Jalloh soll die Matratze mit einem Feuerzeug selbst angezündet haben. Die Anwältin der Familie Jalloh, Gabriele Heinecke, sagte dem Magazin, angesichts der neuen Erkenntnisse sei die drohende Einstellung des Verfahrens ein Skandal. Die mittlerweile zuständige Staatsanwaltschaft Halle hatte vor etwa einem Monat angekündigt, den Fall einzustellen, da sich keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine Beteiligung Dritter an der Brandlegung ergeben hatten und eine weitere Aufklärung nicht zu erwarten sei. Die Anwältin der Familie hat gegen die Einstellung Beschwerde eingelegt und will angesichts der neuen Erkenntnisse Strafanzeige erstatten.