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Merkel ohne Mehrheit - und nun? Eine Analyse

Auch an Tag zwei nach dem Abbruch der Verhandlungen herrscht in Berlin Ratlosigkeit. Überall begegnet man der Frage: Wie weiter? Von Birgit Schmeitzner

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Die politische Landschaft in Deutschland ist in der Nacht von Sonntag auf Montag unberechenbarer geworden. In Bayern sinkt der Stern von Horst Seehofer weiter, als Sondierer in Berlin war er wichtig für die CSU, das fällt jetzt weg. Die Autorität von Bundeskanzlerin Merkel, die noch vor gar nicht allzu langer Zeit als wichtigste Politikerin in Europa, wenn nicht sogar im ganzen Westen galt, ist angeknackst. Die FDP will nicht koalieren, die SPD hat keinen Appetit auf eine Neuauflage der GroKo, für die Grünen hat die Sondierung gezeigt: Sie könnten mit der CDU auf einen Nenner kommen – aber das Wahlergebnis gibt schwarz-grün nicht her.

Die perfekte Lösung gibt es nicht

Neuwahlen? Merkel freundet sich gerade mit dem Gedanken daran an. Doch was tun, wenn sich an dem Ergebnis nichts ändert? Immer weiter wählen, bis es den Parteien irgendwann mal passt? Nein, da halte ich es mit dem Bundespräsidenten, der mahnt: Wer sich in Wahlen um politische Verantwortung bewirbt, der darf sich nicht drücken, wenn er sie in den Händen hält. Das meint FDP und SPD gleichzeitig.

Dann also eine Minderheitsregierung?

Das wäre Neuland für uns, zumindest im Bund. Und passt eigentlich so gar nicht zu diesem urdeutschen Bedürfnis nach Sicherheit und Stabilität. Es muss beileibe kein Nachteil sein, sich für Reformen Zustimmung bei anderen Parteien zu suchen, die eigenen Pläne zu erklären, sie quasi bewerben zu müssen – und ganz neu ist das ja nun auch wieder nicht, denken wir an die Mitbestimmung durch den Bundesrat in der Gesetzgebung.

Aber, und das macht mir Sorge: was würde das für das deutsche Gewicht in der Welt bedeuten? Es wäre noch viel verzwickter als ohnehin schon, europapolitische Entscheidungen zu treffen. Und das in einer Zeit, in der die Achse Berlin-Paris so wichtig ist wie nie zuvor und in der der französische Präsident Macron darauf wartet, einen gewichtigen Mitstreiter für die dringenden EU-Reformen an seiner Seite zu wissen. Ein Machtvakuum können wir uns einfach nicht leisten.