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Ein Mann steckt 2017 eine Rose hinter die Gitterstäbe des neuen Mahnmals zur Erinnerung an ein DDR-Kindergefängnis in Bad Freienwalde

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DDR-Opfer kämpfen bis heute um Rehabilitierung

Bad Freienwalde, Brandenburg: Eine heutige Polizei-Wache mit lichten Büros diente bis 1987 der DDR als Kindergefängnis. Bis heute warten die Opfer auf Rehabilitierung. Von Vanja Budde

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Ein halbes Jahr und neun Tage verbrachte Roland Herrmann hinter vergitterten Fenstern im "Durchgangsheim der Jugendhilfe Frankfurt Oder", wie die DDR-Einrichtung offiziell hieß. Als Strafe, weil der damals 14-Jährige die Schule schwänzte und sich mit seinem Stiefvater, einem überzeugten SED-Mann, häufig stritt. Bis heute ist Herrmann von dem Trauma seiner Kindheit gezeichnet. Nicht nur das Gesicht des 52-Jährigen ist zerfurcht, auch innerlich ist er zerbrochen, hat Albträume. Die Schikanen von damals: Einzelhaft mit einem Metalleimer für die Notdurft, Tritte, Schläge, drei Mal am Tag nur gesalzenes Schmalzbrot. Unterricht gab es für die Kinder nur sporadisch auf dem Dachboden, so dass die meisten Insassen beruflich kaum Fuß fassen konnten.

Bis heute Depressionen und Panik

Auch Norda Krauel war als Jugendliche in Bade Freienwalde eingesperrt. Man fesselte sie mit Händen und Füßen an einen Stuhl und zog ihr ohne Betäubung einen Weisheitszahn. Die ehemalige Hilfsarbeiterin leidet unter Depressionen. In ihrer Wohnung hängen Bilder fremder Städte – aber selbst verreisen ist unmöglich für sie:

"Bei mir ist enorme Angst, mich in die Öffentlichkeit zu begeben." Norda Krauel

Odysee durch die Instanzen der Justiz

Nach einer jahrelangen Odyssee durch die Instanzen der Justiz hat Norda Krauel als einzige Inhaftierte von Bad Freienwalde vom Oberlandesgericht Brandenburg Recht bekommen: Ihre Inhaftierung war Unrecht. Aber nur weil die DDR-Jugendhilfe damals nicht ihre Mutter informierte, nicht wegen der schlimmen Umstände im Heim. Außerdem beklagt Norda Krauel sehr, dass nur nach Aktenlage entschieden wurde, sie selbst vor Gericht nicht öffentlich aussagen durfte.

Von 1968 bis 1987 waren schätzungsweise 1.000 Kinder in Bad Freienwalde eingesperrt. Das Jüngste sei nach Zeugenangaben erst drei Jahre gewesen. 

Die Betroffenen wollen Gehör finden

Seit dem 9. November gibt es in Bad Freienwalde jetzt ein Mahnmal, das an die schlimmen Geschehnisse erinnert. Darüber, und dass auch Brandenburgs Ministerpräsident zu dem Festakt kam, hat sich Roland Herrmann, der Vorsitzender des Vereins "Kindergefängnis Bad Freienwalde", sehr gefreut. Aber es ist nur ein Etappensieg. Er kämpft weiter um die Rehabilitierung, nur dann gibt es nämlich eine Opferrente. Außerdem wollen die ehemaligen Heimkinder endlich öffentlich Gehör finden. Der Kinderknast wurde nämlich nicht nur in Bad Freienwalde bislang totgeschwiegen, sondern landesweit. Herrmann hat seine persönliche Antwort dafür:

"Das Land Brandenburg ist ziemlich rot zersetzt, von früher die ganzen Leute...also im Prinzip leben wir noch in der alten DDR." Roland Herrmann, Vereinsvorsitzender Kindergefängnis Bad Freienwalde