Peter Mezger
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Peter Mezger vor der Klagemauer in 1979.

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ARD-Studio in Tel Aviv: 50 Jahre Abenteuer

Das ARD Studio in Tel Aviv feiert Jubiläum

Kaum Benzin, das Telefon ist absoluter Luxus, Beiträge wurden per Flieger nach Deutschland geschickt. Seit 50 Jahren gibt es das ARD-Studio Tel Aviv nun. In dieser Zeit haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so einiges erlebt – und manches davon war mehr als abenteuerlich.

"Ein Versuch, die Gründung der ARD-Redaktion in Tel Aviv (…) rein sachlich und chronologisch zu schildern, ist eine Aufgabe, der ich nicht gewachsen bin." Zwi Schnabel, BR-Mitarbeiter in Tel Aviv

So beginnt Zwi Schnabel seine „Erinnerungen eines Mitarbeiters“ der ersten Stunde. Was er in den folgenden 28 eng beschriebenen Schreibmaschinen-Seiten über seine beinahe 30 Jahre in dem vom Bayerischen Rundfunk geführten ARD-Studio Tel Aviv schildert, liest sich dann auch mehr als Abenteuerroman, denn als administrativer Vorgang. Zwi Schnabel war Mitarbeiter des ersten ARD-Studioleiters und zunächst einzigen Korrespondenten in Tel Aviv, Rolf Schloss. Später wurde er zu dessen Kollegen. Weil Schloss zu einem Live-Gespräch mit einem Radiosender zu spät kam. Also sprang eben Schnabel ein. Er hatte fortan zusätzlich zu seinen vielen organisatorischen Aufgaben, die ihn manchmal schier zur Verzweiflung brachten, noch eine journalistische.

Beiträge per Fliegernach Deutschland

Als Schloss und Schnabel ihr Studio aufbauten, gab es noch keine offiziellen diplomatischen Beziehungen zwischen Israel und Deutschland. Zu Beginn arbeiteten die beiden noch für Hörfunk und Fernsehen. Und ein Telefon, zur Übermittlung der Radio-Beiträge und Live-Gespräche war ein Gerät, das einen großen Seltenheitswert besaß. Die Anmeldung einer Verbindung via Schweiz nach Deutschland brauchte manchmal Tage.Beiträge für die Tagesschau musste Schnabel zum Flughafen fahren, damit sie die Lufthansa nach Deutschland fliegen konnte. Vor dem Sechs-Tage-Krieg 1967 hamsterte Schnabel im Auftrag von Schloss Benzin. Da sie verhindern wollten, aufgrund von Treibstoffmangel nicht mehr zur Berichterstattung ins Studio zu kommen. Schnabel hasste diese Aufgabe. Insgesamt 600 Liter Sprit vergrub er heimlich im Studio-Garten. Und hatte deshalb später Albträume, weil er befürchtete, dass Ihnen das Benzinlager um die Ohren fliegen könnte. Diese waren erst vorbei, nachdem er das natürlich ebenfalls heimliche Ausgraben und Entsorgen neben seiner regulären Studiotätigkeit hinter sich gebracht hatte. Letztere nahm immer mehr zu.

Zeitweise waren sie von Israel aus auch für die Berichterstattung über Zypern, die Türkei, Malta und – aus heutige Sicht unvorstellbar – Persien zuständig. Im Vergleich dazu ist das heutige Berichtsgebiet mit Israel, Palästina und den Golan Höhen fast überschaubar. Geblieben sind zum Glück Redakteure aus ganz Deutschland, die mit Bitten und Wünschen anrufen. Und ebenso unverändert ist die Sicherheit, dass beinahe jeden Tag etwas passiert, über das es sich lohnt zu berichten. Mehr noch: Das Nachrichtengeschäft ist immer schneller geworden. Die Anforderungen der Zuschauer und Zuhörer sind über die Jahrzehnte gewachsen. Die Zahl der Krisen und Kriege in Nahost nimmt zu. Deshalb arbeiten heute zwei Fernsehkorrespondenten und zwei Hörfunkkorrespondenten der ARD in Tel Aviv.

Enges Zusammenwachsen

Ohne Menschen wie Zwi Schnabel wäre die Arbeit aber auch jetzt unmöglich. Langjährige Mitarbeiter im Fernsehen und Hörfunk unterstützen die Korrespondenten. Hinzu kommen sogenannte Producer, die im Gaza-Streifen oder im Westjordanland leben und mit dem Studio zusammenarbeiten. Dank der Mitarbeiter bleiben Wissen und Kompetenz erhalten. Selbst wenn Studioleiter einmal wechseln, können die neuen Korrespondenten auf ein erfahrenes und gewachsenes Team zurückgreifen. Mit den Studioleitern Susanne Glass (Fernsehen) und Torsten Teichmann (Hörfunk) beginnt eine Zeit der Integration. Neben TV und Radio ist es wichtig mit unseren Berichten auch die gewachsene Zahl der Internet-User zu erreichen; mit Beiträgen auf tagesschau.de und BR24.de, aber auch mit Studio-Blogs, neue Erzählformen im Netz, Twitter und viel Social Media. Die Rede ist so häufig von Ausspielwegen, aber das Entscheidende bleibt die Zuverlässigkeit der Berichte, die Deutlichkeit der Analysen und vor allem die Empathie für die Menschen in Israel und den palästinensischen Gebieten. Daran werden wir uns auch in den kommenden 50 Jahren messen lassen.

Nah an den Menschen

"Das Studio Tel Aviv ist eine Säule der Verlässlichkeit, der Ernsthaftigkeit, des guten Journalismus, wie er zu sein hat. Unsere Korrespondentinnen und Korrespondenten sind vor Ort. Sie sehen und hören worüber sie berichten. Sie verlassen sich nicht auf Soundbites aus dem Netz, sondern können bestätigen und verifizieren, was wir unserem Publikum präsentieren. Das ist wichtig in einer Zeit, in der die Menschen nicht mehr wissen, auf welche Informationen sie sich verlassen können. Der Nahe Osten ist ein ständiger Konfliktherd. Deshalb braucht es Leute im Westjordanland, in Gaza, Jerusalem und Tel Aviv, die nahe dran sind an den Menschen. Die über etwas berichten, das sie auch verstehen. Das macht den Unterschied aus. Kurz: ein tolles Studio, das trimedial zusammenarbeitet." Thomas Hinrichs, Informationsdirektor