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Jean-Claude Juncker und Donald Trump bei ihrem Treffen in Washington

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So war das Treffen mit Trump: Juncker im Exklusiv-Interview

Erstmalig nach seiner Rückkehr nach Brüssel hat sich Jean-Claude Juncker nun zu seiner Reise geäußert. Der EU-Kommissionschef erklärt unter anderem, woran der Deal fast gescheitert wäre und wie es zu dem Kuss auf Trumps Wange kam. Von Kai Küstner

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Es sind Worte, die von US-Präsident Donald Trump hätten stammen können. Gesagt hat sie aber der EU-Kommissionschef nach stundenlangen Verhandlungen mit Trump im Weißen Haus am Mittwoch:

"Ich kam, um einen Deal zu erreichen - und wir haben einen Deal." Jean-Claude Juncker, EU-Kommissionschef

Doch erst rückblickend wird nun klar, an welch seidenem Faden die Einigung lange hing.

Knackpunkt war die Landwirtschaft

"Woran ist der Deal fast gescheitert? Weil die Amerikaner massiven Druck gemacht haben, insbesondere der Präsident, dass Landwirtschaftsfragen in den Gesamtdeal hineinpassen müssen." Jean-Claude Juncker

Das gibt Juncker im Interview mit dem ARD-Europastudio Brüssel jetzt zu. Der EU-Kommissionspräsident blieb hart: Von dem nun auszuhandelnden Zollabkommen mit den USA sind - außer Soja - alle landwirtschaftlichen Produkte ausgenommen. Was auf Europas Bauern beruhigend wirken dürfte. Müssen sie doch damit keine US-Konkurrenz fürchten.

Den "Deal" bekamen die Europäer trotzdem. Ein Erfolg, der laut Juncker auch einem ausdauernden Einwirken auf Donald Trump zuzuschreiben ist. Immer und immer wieder habe er dem US-Präsidenten vorgerechnet, dass die USA eigentlich (- wenn man Dienstleistungen hinzurechnet -) gar kein Minusgeschäft im Handel mit Europa machen, sondern einen Überschuss erzielen:

"Er hat diese Zahlen immer in Abrede gestellt, bis ich ihm beweisen konnte, dass das die Zahlen der amerikanischen Statistiker sind, und das Gespräch verlief freundschaftlich." Jean-Claude Juncker

Der legendäre Kuss

Am Ende der Verhandlungen war es dann der US-Präsident, der per Twitter-Botschaft ein mittlerweile schon sagenumwobenes Foto verbreitete: Es zeigt Trump und Juncker, wie sie sich gegenseitig umarmen und der Europäer dem Amerikaner einen Männerkuss auf die Wange drückt: "Erstaunlicherweise im Gegensatz zu meinem üblichen Benehmen ging die Initiative nicht von mir aus. Ich wusste auch nicht, dass ein Fotograf im Oval Office war. Aber es hat das Ambiente des Moments eigentlich gut zusammengefasst." Berichtet der Kommissionschef im ARD-Interview rückblickend. Juncker ist in Brüssel berühmt-berüchtigt dafür, fast sämtliche offiziellen Gäste - auch vor laufenden Kameras - mit Umarmungen und Küssen zu beglücken. Offenbar war es aber diesmal nicht der Luxemburger, der den aktiven Part übernahm. Und überhaupt: Für Juncker war es der erste Kuss mit Trump.

Juncker und Trump: Ziemlich beste Freunde

Der US-Präsident, der keine zwei Wochen zuvor die Europäer noch als "Gegner" bezeichnet hatte, lobt nun Juncker als hartnäckigen, sehr guten, sehr klugen Mann und befand, die USA und die EU würden "sich lieben".

"Für mich bedeutet der Deal - das Abkommen - mit Herrn Trump nicht der Beginn einer neuen Freundschaft, sondern die Fortsetzung einer alten Freundschaft." Jean-Claude Juncker

Kein genmanipuliertes Soja für die EU

Entscheidend dabei geholfen, den lange auf der Kippe stehenden "Deal" doch zustande zu bringen, hat letztlich auch die Sojabohne.

"Das war eine Eingebung des Momentes, die gewirkt hat." Jean-Claude Juncker

Sojabohnen nämlich will die EU den US-Farmern nun in höherer Zahl abkaufen, so lautet das Versprechen:

"Wer denkt, dass die Kommission verfügen könnte, wer was von wo her importiert, der überschätzt die Möglichkeiten der Kommission. Das Marktgeschehen, die Preise bestimmen vor allem im Bereich von Sojabohnen." Jean-Claude Juncker

Womit Juncker klarstellt, dass Brüssel den EU-Einzelstaaten nicht einfach Daumenschrauben anlegen und sie zum US-Soja-Kauf zwingen kann. Regeln soll das der sinkende Preis. Und noch etwas stellte Juncker klar: Genmanipuliertes Soja werde nicht in die EU eingeführt, das sei nicht Teil des Abkommens.

Bleibt die Frage, wie verlässlich die Übereinkunft mit einem bisweilen durchaus sprunghaften US-Präsidenten für die Europäer ist.

"Ich gehe davon aus, dass dieser Deal hält." Jean-Claude Juncker

Man sei schließlich mit einem Vertrauensvorschuss in die durchaus "anstrengenden" Gespräche gegangen. Ein entscheidender Gradmesser für die weitere Entwicklung der EU-US-Beziehungen dürfte sein, ob sich die beiden beim nächsten Mal mit Küsschen begrüßen.