In der Affäre um die Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gibt es reichlich Aufklärungsbedarf, jeden Tag kommen weitere Details ans Licht – tröpfchenweise. Bei der Affäre geht es um mindestens 1.200 Asylbescheide, die zwischen 2013 und 2016 wohl zu Unrecht gewährt wurden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die damalige Leiterin der Bremer Außenstelle und gegen mehrere Rechtsanwälte.
Bundespolizei soll eingreifen
Am Mittwoch (23.05.18) verbot Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) vorerst allen Mitarbeitern der Außenstelle in Bremen, weitere Asylentscheidungen zu treffen. Die Mitarbeiter erhalten in der Zwischenzeit Computerschulungen. Am Freitag (25.05.18) der nächste Paukenschlag: Das Bundesinnenministerium will eine gemeinsame Ermittlungsgruppe einrichten, bestehend aus der Zentralen Antikorruptionsstelle und dem Landeskriminalamt Bremen mit Unterstützung der Bundespolizei. Seehofer will wohl keinen Zweifel daran lassen, dass er die Affäre restlos aufarbeiten will.
Cordt unter Beschuss
Von der BAMF-Chefin Jutta Cordt war in dieser Woche hingegen nichts zu hören – obwohl Politiker offen ihren Rücktritt fordern, obwohl eine Privatperson Cordt anzeigte und ein Ermittlungsverfahren gegen sie geprüft wird. Erst am Dienstag (29.05.18) will sie sich wieder äußern. Dann muss sie zusammen mit Seehofer vor dem Innenausschuss des Bundestags Rechenschaft ablegen. Es geht um die Frage, wer wann etwas über die Vorgänge in Bremen gewusst hat. Zudem hat Seehofer angekündigt, über organisatorische und gegebenenfalls personelle Konsequenzen zu entscheiden.
Tausende Asylbescheide werden geprüft
Derweil steht das BAMF vor einer Mammutaufgabe. Cordt lässt noch einmal Tausende positive Asylentscheide in Bremen prüfen – und zwar bis ins Jahr 2000 zurück. Rund 70 Mitarbeiter werden etwa drei Monate mit den 18.000 Fällen beschäftigt sein. Aber auch zehn weitere Außenstellen in ganz Deutschland werden unter die Lupe genommen. Sie haben entweder über- oder unterdurchschnittlich oft Asyl gewährt. Darunter die beiden bayerischen Standorte Zirndorf und Schweinfurt, das bestätigte das BAMF dem BR. Die beiden Außenstellen seien aufgefallen, weil dort 2017 im Schnitt weit weniger Menschen Asyl erhalten haben als an anderen Standorten, heißt es. Gleichzeitig betonte das BAMF, dass diese Überprüfung nicht automatisch bedeute, dass es an diesen Standorten zu Unregelmäßigkeiten bei der Bearbeitung von Asylverfahren gekommen sei.
Josefa Schmid bleibt kämpferisch
Ins Rollen kam die BAMF-Affäre durch einen Bericht der ehemaligen kommissarischen Leiterin der Bremer BAMF-Außenstelle Josefa Schmid (FDP). Sie will nach ihrer Versetzung wieder zurück auf ihren alten Posten in Bremen. Das sagte ihr Rechtsanwalt Rainer Roth im Exklusiv-Interview mit dem BR-Studio Franken. Schmid, die ehrenamtliche Bürgermeisterin in der kleinen Gemeinde Kollnburg in Niederbayern ist, trat Anfang Januar 2018 die Leitung in der Außenstelle in Bremen an. Nur einen Tag, nachdem ihr Bericht über Unregelmäßigkeiten in der Bremer Behörde an die Öffentlichkeit gelangte, wurde sie wieder nach Bayern geschickt. Nun klagt sie gegen ihre Versetzung. Ihr Anwalt rechnet sich gute Chancen vor Gericht aus.
"Meine Mandantin ist kämpferisch. Sie ist im politischen Leben aufgewachsen. Sie wird sich den Schuh nicht anziehen, dass sie hier aufgibt. Und deshalb wird sie auch ihren Standpunkt in der Zukunft weiter vertreten." Rainer Roth, Anwalt von Josefa Schmid
Die Präsidentin des BAMF, Jutta Cordt, hat vor einigen Tagen die Versetzung damit begründet, dass Josefa Schmid nur vorübergehend die Außenstelle leiten sollte. Das sei von Anfang an klar gewesen. Doch Schmids Anwalt kontert, dass ihr Vertrag noch bis Ende September 2018 gelaufen wäre. Roth fragt: "Warum ist die Behörde nicht in der Lage die zeitliche Begrenzung einzuhalten?" Josefa Schmid sei ohne Anhörung versetzt worden. Nun muss das Oberverwaltungsgericht in Bremen im Arbeitskampf entscheiden.