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Autobranche: Volkswagen stellt sich neu auf

Jetzt soll Konzernchef Müller vom bisherigen VW-Markenvorstand Herbert Diess abgelöst werden. Bleibt die Glaubwürdigkeitskrise? Jürgen Pieper ist Automobil-Analyst beim Bankhaus Metzler - und sein Wort hat bei Investoren Gewicht.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Bayern 2-radioWelt: Von der Bilanz her steht VW glänzend da. Warum muss Matthias Müller gerade jetzt gehen?

Jürgen Pieper, Automobil-Analyst, Bankhaus Metzler: Der Zeitpunkt ist überraschend, andererseits war es auch irgendwie erwartet worden, dass Müller seine Zeit bis 2020 nicht voll ausfüllt. Müller ist von Anfang an als Krisenmanager aufgetreten. Er ist 2015 ausdrücklich derjenige gewesen, der den Dieselskandal bewältigen sollte, und er war damals schon knapp über 60. Damit war eigentlich immer klar, dass er nicht der Mann für die langfristige Zukunft sein kann, sondern dass er wirklich nur ein Übergangskandidat ist. Zuletzt hat er schon sehr strapaziert und müde gewirkt, und so soll er teilweise auch in Gremien aufgetreten sein - als jemand der vielleicht auch nicht mehr die ganz große Lust auf diesen Job hatte.

Bayern 2-radioWelt: Soll die Ablösung signalisieren, der Dieselskandal sei Vergangenheit?

Jürgen Pieper: Ich denke schon. Man hat die Ablöse jetzt vorgenommen nach gut zweieinhalb Jahren Dieselskandal, auch um zu sagen: 'Leute, Wir wollen neue Kapitel aufschlagen, wir wollen nach vorne schauen, wir wollen so etwas wie Aufbruchstimmung erzeugen in diesen neuen Autowelten, die auf uns zukommen!' Da ist es eminent wichtig, zu sagen: 'Wir schauen nur in begrenztem Umfang zurück!' Das heißt nicht, dass der Dieselskandal vorbei ist, es gibt immer noch Spätfolgen, aber ich glaube, das Schlimmste ist tatsächlich vorbei.

Bayern 2-radioWelt: Ist die Berufung von Herbert Diess nicht möglicherweise ein gewisses Risiko? Der Mann hat ja einen Ruf wie Donnerhall und gilt nicht gerade als Liebling der Belegschaft.

Jürgen Pieper: Ja, das ist richtig, das ist in einer eigenartigen Konstellation entstanden. Er hat sich monatelang mit der Belegschaft bzw. mit den Gewerkschaften hart auseinandergesetzt. Das ging dann teilweise auch an die Öffentlichkeit, wie es bei VW ja leider oft der Fall ist - und das Ganze wurde dann teilweise über die Medien ausgetragen. Und trotzdem haben beide Seiten irgendwann eingelenkt. Herr Diess hat ja diese phänomenale Ausstrahlung, dass er eigentlich immer recht zuversichtlich und entspannt wirken kann, auch nach solch extrem harten Verhandlungen. Da hatte man tatsächlich den Eindruck, dass diese beiden Alphatiere Bernd Osterloh, der Betriebsratschef, und Herbert Diess ganz gut zusammengekommen sind.

Bayern 2-radioWelt: Kann es sein, dass der Aufsichtsrat auch ganz bewusst einen Gegenpol gesetzt hat: Personalvorstand wird ja jetzt Gunnar Kilian, und der steht dem Betriebsrat sehr nah.

Jürgen Pieper: Das ist einerseits typisch für die VW-Welt, wo man einfach den Gewerkschaften etliche Schritte entgegenkommen muss, weil sie diese Machtposition, die sie nun mal haben bei VW, sicherlich behaupten werden. Andererseits kommt es eben auch auf die Individuen an. Ich glaube, beide angesprochene Personen, Herr Kilian und Herr Diess, zeichnen sich durch die nötige Flexibilität aus, durch die nötigen Kommunikationsfähigkeiten. Ich denke, dass das in dieser Konstellation Osterloh, Kilian und Diess auch tatsächlich ganz gut zusammen passt.