Man kommt schnell und mit öffentlichen Verkehrsmitteln überall hin und der Arzt ist nur ein paar Häuser weiter – manchmal scheint es, das Umland könne gegen die Stadt nicht gewinnen. Die Infrastruktur auf dem Land ist eben eine andere als in der Großstadt.
Gute Luft und freie Sicht reichen nicht
Das Leben auf dem Dorf hat dafür zwar andere Vorzüge, doch ein Selbstläufer ist das für die kleinen Gemeinden nicht. Nur gute Luft und freie Sicht reichen nicht aus, um auf Dauer die Bewohner zu halten. Ein gutes Beispiel dafür ist Horgau. In dem kleinen Ort, der etwa 20 Autominuten westlich von Augsburg liegt, gibt es zwar Wohnraum – aber eben nicht immer den geeigneten.
"Mittlerweile ist es so, dass wir ganz wenig Wohnraum haben. Wenn bei uns jemand was gesucht hat, seien es ältere Menschen, die zu mir gekommen sind und gesagt haben, mein Garten wird mir zu groß, hast du nicht eine Wohnung, ich würde gerne in Horgau bleiben? Dann hat der ein paar Jahre gesucht und ist dann in die umliegenden Gemeinden abgewandert oder nach Augsburg, weil es bei uns kein Angebot gab." Thomas Hafner, Bürgermeister von Horgau
Sozialer Wohnungsbau auf dem Dorf
Bürgermeister Thomas Hafner und der Gemeinderat haben sich deswegen Gedanken gemacht, wie sie Horgau wieder attraktiv machen können und wie sie auf die veränderten Bedürfnisse der Bewohner reagieren können. Ihre Antwort: Neue Wohnungen sollten her. Nicht Eigentumswohnungen, sondern Wohnungen zur Miete, die auch für sozial Schwache bezahlbar sind, wollte Thomas Hafner. Doch diesen Entwicklungsschritt wollten Teile der Horgauer Bevölkerung nicht mitgehen. Dieses Jahr kam es sogar zum Bürgerentscheid gegen die Wohnungsbaupläne.
"Die Nachbarn haben dagegen aufbegehrt. Die haben gesagt, das ist städtische Bebauung, mit dem Land passt das nicht zusammen. Da sollten lieber Einfamilienhäuser entstehen. Aber das war genau das, was wir gesagt haben. Mitten im Ortszentrum brauchen wir auch verdichtete Bebauung. Wir können nicht immer am Ortsrand weitere Rucksäcke draufpacken mit Einfamilienhausgebieten, sondern man muss schon im Ort schauen, dass sich was bewegt." Thomas Hafner, Bürgermeister von Horgau
Vision für die nächsten Jahrzehnte
Jetzt bewegt sich aber doch etwas. Denn der Bürgerentscheid hatte keinen Erfolg. Auf der 1,7 Hektar großen Fläche können nun doch Wohnungen gebaut werden. Thomas Hafner hofft, dass sich durch den geschaffenen Wohnraum auch Geschäfte, Unternehmen und medizinische Versorgung ansiedeln. Wer auf Dauer in Horgau wohnt und in der Nähe arbeiten kann, hat laut Hafner auch Zeit für Vereinsleben und Ehrenamt – das würde der Gemeinde langfristig gut tun.
"Horgau in 20, 30 Jahren ist eine gesunde, selbstbewusste kleine Gemeinde mit irgendwo zwischen 3.000 und 3.500 Einwohnern, wo alle Dinge, die man fürs tägliche Leben braucht, vorhanden sind und die Leute gerne wohnen. Weil sie sich mit dem Dorf identifizieren können und hier auch Mitspracherecht haben und Ansprechpartner." Thomas Hafner, Bürgermeister von Horgau