Der Festakt zum 50. Jubiläum des Fachbereichs "barrierefrei Lernen" am Nürnberger Bildungszentrum ist der große Auftritt für die Harfengruppe. Die Musikerinnen und Musiker spielen und singen "Die Gedanken sind frei". Sie treffen zwar nicht immer jeden Ton und kommen auch schon mal aus dem Rhythmus. Aber die sechs Harfenspielerinnen und Harfenspieler sind mit Leidenschaft dabei, genießen den Auftritt und den Applaus .
Elterninitiative schob das Projekt an
Das Bildungszentrum, die Nürnberger Volkshochschule, war die erste ihrer Art in Deutschland, die Angebote für Menschen mit Behinderung machte. Auf Drängen einer Elterninitiative hatte das Bildungszentrum vor 50 Jahren einen eigenen Fachbereich für Menschen mit Behinderung eingerichtet. Startschuss war 1974. Der Stadtrat hatte das Projekt im Jahr zuvor auf den Weg gebracht.
Kulturpreise für inklusive Theatergruppe
Aktuell bietet das Bildungszentrum im Programm für Menschen mit Behinderung rund 240 Veranstaltungen an. Darunter sind unter anderem Kurse über Ernährung und kreatives Gestalten. Außerdem gibt es Kurse für Gebärdensprache. Auch das inklusive "Theater Dreamteam" mit seinen selbst entwickelten Stücken gehört dazu. Es wurde im Jahr 2019 mit dem Kulturpreis der Stadt Nürnberg ausgezeichnet. Ein weiterer Schwerpunkt sind Kurse für Musik, Tanz und Bewegung. Dazu gehört auch die Veeh-Harfe-Gruppe.
Ein Instrument für alle Menschen
Jeden Samstag treffen sich die Harfenspieler im vierten Stock des BZ-Gebäudes am Gewerbemuseumsplatz. "Es ist die Freude am gemeinsamen Musizieren", sagt Kursleiterin Dagmar Baur. "Das Instrument kann jeder spielen. Egal, ob er blind ist oder ob er Einschränkungen mit den Fingern hat. Jeder kann in seiner Art und Weise spielen." Wer schon geübter ist, übernimmt die Begleitung oder spielt auch mal die zweite Stimme.
Idee stammt aus Unterfranken
Los geht’s mit einem der Lieblingslieder der Gruppe: "In der Weihnachtsbäckerei". Die Harfenspieler halten ihr Instrument schräg vor sich am Tisch. Unter die Saiten der Harfe schieben sie das Liedblatt. Auf dem ist angegeben, welche Saite gezupft werden muss. So kann das Instrument gespielt werden, auch wenn man keine Noten lesen kann. Erfunden hat es der Landwirt Hermann Veeh aus Unterfranken Ende der 1980er Jahre für seinen mit dem Down-Syndrom geborenen Sohn. Längst gibt es auch Veeh-Harfen-Orchester.
Gemeinsames Musizieren beruhigt
Laura spielt Veeh-Harfe, seit sie neun Jahre alt ist. Musik ist ihr wichtig, erzählt sie. Zu Hause spielt sie auch Blockflöte, allein mit ihrem Lehrer. Sie freut sich auf die Harfen-Stunde jeden Samstag. Das Instrument ist beruhigend, sagt sie. Und sie genießt das gemeinsame Musizieren. "Ich lebe allein und da tut das Spielen mit anderen einfach gut." Lukas sitzt ihr gegenüber und singt laut und nicht immer ganz textsicher mit. Das sei in Ordnung so, meint Kursleiterin Dagmar Baur. Das gemeinsame Erleben und aufeinander Hören sei entscheidend. Wenn der Rhythmus gehalten wird, "dann ist das schon ein tolles Gefühl".
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