Der Machtkampf um die Führung der CSU und des Freistaats geht unter veränderten Vorzeichen weiter. CSU-Chef und Ministerpräsident Seehofer hat seine mit Spannung erwartete Aussage zu seiner persönlichen Zukunft nach allen bisherigen Informationen quasi in letzter Minute vertagt. So gewinnt er Zeit und Handlungsoptionen. Konkurrent Markus Söder ist derweil zu einer Tandemlösung bereit.
Klarheit erst in den nächsten Tagen
Er hätte dem Vorstand eigentlich etwas zu seinen Plänen sagen wollen, erläuterte Seehofer nach übereinstimmenden Teilnehmerangaben in der Vorstandssitzung. Aber seine Stellvertreter und weitere Mitglieder der engsten CSU-Spitze hätten ihn überzeugt, nichts zu sagen.
Noch am Mittag hatte Seehofer angekündigt, am Abend werde "alles klar" sein. Am späten Abend nahm Seehofer in einer Pressekonferenz zu dieser eigenen Aussage Stellung: Klarheit heiße nicht, sagte er, "dass wir uns für eine Person entscheiden".
Ziele seien vielmehr eine gemeinschaftliche Lösung, die CSU zusammenzuführen und bestehende Gräben zu überwinden; daran wolle er mitwirken, darauf "warten unsere Anhänger". Aber das erfordere ein bisschen Zeit.
"Wir haben sowohl in der Landtagsfraktion und im Parteivorstand vereinbart, dass wir genau zu dieser Frage oder auch Personen keine Debatte führen." Horst Seehofer über seine eigene politische Zukunft, die bei den Donnerstags-Treffen offenbar keine Rolle spielte
Klarheit wollen die Christsozialen nun in den nächsten Tagen schaffen. Bis Anfang Dezember soll es weitere Gespräche über eine sogenannte Zukunftslösung für die CSU geben. Begleitet werden soll Seehofer dabei von den beiden Ehrenvorsitzenden Edmund Stoiber und Theo Waigel sowie von Parteivize Barbara Stamm. Seehofer stellte eine "befriedende Lösung" in Aussicht. Seine drei neuen Berater bezeichnete er als "honorige Personen".
Die Einrichtung des Beraterkreises wurde intern als erstmaliges Signal des 68-Jährigen gedeutet, dass er bereit sei, mindestens einen Teil seiner Macht abzugeben. Seehofer bestätigte das indirekt: Der Beraterkreis diene auch dazu, Vorwürfen entgegnen zu treten, wonach er - also Seehofer - alles alleine bestimmen wolle. Begleitend dazu will der Parteichef mit vielen anderen CSU-Mandatsträgern Gespräche führen, vermutlich Ende der nächsten Woche.
Seehofer will die Partei befrieden
Seehofer sagte zudem in der Vorstandssitzung nach Informationen der dpa am Abend - wie schon in einer Sitzung der Landtagsfraktion am Mittag -, er wolle die Partei "einen, befrieden und zusammenführen".
In der CSU wird deshalb allgemein erwartet, dass es auf eine Ämtertrennung hinauslaufen könnte, auch wenn es dazu zunächst keine Entscheidung gab. Hierzu äußerte sich auch Seehofer nicht. Aussichtsreichster Kandidat für den Posten des Ministerpräsidenten ist Seehofers Dauerrivale, der bayerische Finanzminister Söder.
Söder ist zur Tandem-Lösung bereit
Söder selbst erklärte am Abend im Gespräch mit BR-Chefredakteur Christian Nitsche, eine Zusammenarbeit zwischen Seehofer und ihm würde die Partei begrüßen, sie würde "aufatmen, wenn es einen gemeinsamen Weg geben würde". Er selbst sei bereit, die Hand zu reichen. Vieles sei möglich.
Im "Heute Journal" des ZDF erklärte Söder zudem, die CSU sei keine gespaltene Partei und es gebe auch keine unterschiedlichen Lager. Es gebe jedoch viele, die sich Sorgen um die Zukunft der CSU machten.
"In zehn Tagen circa soll dann weißer Rauch aufsteigen und ein geschlossenes und einiges Ergebnis zum Parteitag präsentiert werden." Finanzminister Markus Söder
Ein Erfolg für Seehofer?
Experten wie der Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuter werteten den Tag eher als Erfolg für Seehofer. Oberreuter sagte in einem "BR extra", Seehofer habe das Heft das Handels wieder übernommen, Söder habe eigentlich "nichts erhalten".
Seehofer selbst äußerte sich in einer spätabendlichen Pressekonferenz zunächst eher wortkarg, beantwortete dann aber gut eine Dreiviertelstunde Fragen der Journalisten. Indirekt bestätigte er, dass er seine Zukunftsaussage in der Tat kurzfristig und auf Empfehlung anderer CSUler vertagt habe. Es gehe nun darum, in den nächsten zehn Tagen eine gute Zukunftslösung zu zimmern. Er selbst möchte daran mitwirken, so Seehofer.
In der Fraktion hat Markus Söder seit längerem eine klare Mehrheit hinter sich. Seehofer steht seit dem Absturz der CSU bei der Bundestagswahl auf nur noch 38,8 Prozent massiv unter Druck, mindestens eines seiner Ämter abzugeben.