München ist die Stadt in Deutschland mit den höchsten Mieten. Für eine 60-Quadratmeter-Wohnung muss man in der Landeshauptstadt meist rund 1.200 Euro zahlen. In Köln kostet die gleiche Wohnung 900 Euro. Dazu kommt, dass München trotz hoher Mieten immer beliebter wird. Bis 2040 soll die Stadt auf rund 1,8 Millionen Menschen wachsen.
Aber es werden nicht genug Wohnungen neu gebaut, um alle zu beherbergen. Vermieter bieten teilweise heruntergekommene Wohnungen zu horrenden Preisen an. Die Verzweiflung bei den Suchenden ist so groß, dass sie fast alles zahlen, damit sie überhaupt eine Bleibe finden. Aber es gibt auch Alternativen.
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"Budenschleuder": Rund-E-Mail zur Wohnungssuche
Zwanzig Jahre ist es her, dass der Münchner Andreas Kräftner einem Freund einen Gefallen getan hat. Der Kumpel suchte einen Nachmieter für sein WG-Zimmer und sagte, er würde doch immer Mails rumschicken wegen irgendwelchen Partys oder Krimskrams. Ob er ihm helfen könne. Kräftner schickte die Anfrage an seinen fünfzig Absender großen Verteiler – und so wurde die "Budenschleuder" geboren. Mittlerweile hat er 30.000 Mailadressen in seinem Verteiler. Das sind jedoch nicht alles Wohnungssuchende. Viele davon lesen still mit.
Manche Vermieter, so sagt Andreas Kräftner, wollen auch nicht hunderte Mails bekommen, sondern suchen sich Mieter aus dem Verteiler selber heraus, den sie bekommen und melden sich selbständig bei den Suchenden.
Kräftner vermittelt jetzt seit zwanzig Jahren Wohnungen, er ist aber kein Immobilien-Makler. Er macht das privat und unentgeltlich. Wenn man möchte, darf man ihm etwas spenden. Seine "Budenschleuder" ist keine komplizierte Angelegenheit. Man muss Kräftner nur schreiben und um Aufnahme in den Verteiler bitten. Dann bekommt man ein- bis zweimal pro Woche eine Mail mit Wohnung-Angeboten und Suchanzeigen.
Sehr großer Freundeskreis in Messenger-Gruppe
In den vielen Jahren, die er die "Budenschleuder" nun macht, hat er vielen Menschen geholfen, eine Wohnung zu finden. Aber es gibt noch andere Wege, abseits der Immobilien-Plattformen im Internet.
Theresia von Woellwarth lebt in München und kennt diese Probleme. Sie hilft ebenfalls Menschen, eine Wohnung zu finden. Bei ihr hat das ähnlich angefangen wie bei Andreas Kräftner. Auch sie hat zehn Jahre lang WG-Zimmer und Wohnungen unentgeltlich an Freunde vermittelt. 28 Mal ist sie schon umgezogen. Sie hat einen sehr großen Freundeskreis: Es kamen immer mehr Freunde, die wiederum fragten, dann auch wieder für weitere Freunde.
Theresia von Weollwarth hat dann irgendwann eine Whatsapp-Gruppe aufgemacht. Wer hinein wollte, zahlte damals zehn Euro. Sie verschickte Fotos und Texte von Freunden, die einen Nachmieter suchen und auch von Vermietern, die sich an sie wenden und eine Wohnung frei haben. Die vernetzte sie dann miteinander.
Menschen zu helfen ist besser als jede Bezahlung
Theresia von Woellwarth liebt es, Menschen zusammenzuführen, sagt sie. Das sei besser als jede Bezahlung. Das Suchen und Finden hat ihr so viel Spaß gemacht, dass sie es seit kurzem auch beruflich macht – aber anders als professionelle Makler. Sie vermittelt nur Menschen, die sie kennt, an Vermieter, die sie kennt. Sie baut an einer Webseite und hat eine Partnerin gefunden, mit der sie jetzt zusammen arbeitet.
Andreas Kräftner will auch unbedingt weiter Wohnungen vermitteln. Ihm ist bewusst, dass er "ein kleines Monster geschaffen hat", weil er seit zwanzig Jahren fast jeden Tag Mails von Menschen lesen und prüfen muss und zweimal in der Woche alles an den Verteiler verschicken muss, aber es funktioniere und man könne damit einiges ausrichten. Es sei einfach was Gutes, was da entstanden sei. Mit Absicht, so sagt er, könne man sowas nicht machen – und wenn es jetzt schon mal liefe, fände er es albern, es einfach im Sand verlaufen zu lassen.
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