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Allgemeinmedizin Gürtelrose-Impfung: Nutzen und Risiken

Wer als Kind Windpocken hatte, weiß, wie unangenehm das sein kann. Noch schlimmer ist es allerdings meist, wenn das Virus nach Jahrzehnten erneut ausbricht, und zwar als sogenannte Gürtelrose. Die Krankheit ist nicht zu unterschätzen und kann unter anderem zu Lähmungen, Erblindung oder Taubheit führen. Es gibt jedoch eine Impfung gegen Gürtelhose. Allgemeinarzt Dr. Klaus Tiedemann klärt über den Nutzen und die Risiken dieser Impfung auf.

Stand: 29.01.2024 14:49 Uhr

Impfpass | Bild: picture-alliance/dpa/CHROMORANGE/Christian Ohde

Schätzungen zufolge bekommen etwa 20 bis 30 Prozent der Patienten, die Windpocken hatten, später eine Gürtelrose (Herpes Zoster), in der Regel im höheren Lebensalter. Sie wird durch das Varizella-Virus hervorgerufen, den Erreger der Windpocken, der zur Familie der Herpesviren zählt.
Nach überstandener Windpockeninfektion (in der Regel in der Kindheit) verbleibt das Windpockenvirus in einem "schlafenden" Zustand im Organismus. Es zieht entlang der Nervenbahnen zu den Nervenknoten des Rückenmarks und nistet sich in den sogenannten Spinal-Ganglien sowie den Ganglien der Hirnnerven ein. Die Betroffenen bemerken davon nichts. 
Es können Jahrzehnte vergehen, bis das Virus wieder aktiv wird. Die Viren wandern dann entlang der Nervenbahnen wieder an die Körperoberfläche zurück, vermehren sich und verursachen das Krankheitsbild "Gürtelrose". Daher ist die Gürtelrose keine klassische Infektionskrankheit, sondern eine Reaktivierung des Varicella-Zoster-Virus. Davor kann eine Impfung schützen.

Welche Komplikationen können bei Gürtelrose auftreten?

Gürtelrose heilt normalerweise - wie die Windpocken - nach zwei bis vier Wochen ab. Es kann allerdings auch zu teils schweren Komplikationen kommen:

  • Sind die Gesichtsnerven befallen, kann das zu vorübergehenden Lähmungserscheinungen oder dem Verlust des Geschmackssinns führen.
  • Sind die Augen betroffen, kommt es häufig zu einer Entzündung der Binde-undHornhaut, seltener auch des Sehnervs. Vernarbt die Hornhaut, kann sogar eine teilweise oder vollständige Erblindung die Folge sein.
  • "Zoster oticus" bezeichnet einen Befall des Gehörgangs: Mögliche Folgen sind Schwerhörigkeit und Störungen des Gleichgewichtssinnes. Unbehandelt können dauerhafte Hörbeeinträchtigungen oder gar Taubheit die Folge sein.
  • Ein Befall des gesamten Nervensystems ("Zoster generalisatus") kann lebensbedrohlich sein, tritt aber üblicherweise nur bei starker primärer Schwächung des Immunsystems auf (beispielsweise bei HIV, Leukämie oder anderen Krebs-Formen).
  • Zu den Komplikationen gehören auch Hirnhaut-, Hirngewebe- und Rückenmark-Entzündungen (Zoster-Meningitis, Zoster-Enzephalitis und Zoster-Myelitis).
  • In einigen Fällen bestehen die teilweise starken Schmerzenauch nach Abheilen der Bläschen weiter und breiten sich häufig in benachbarte Hautregionen aus: Diese sogenannte Post-Zoster-Neuralgie ist auf einen Nervenschaden zurückzuführen.

Wer sollte sich gegen Gürtelrose impfen lassen?

Zur Vorbeugung von Gürtelrose empfiehlt die STIKO (Ständige Impfkommission) allen Personen ab 60 Jahren sowie Patienten mit einer angeborenen oder erworbenen Immunschwäche oder einer chronischen Krankheit ab 50 Jahren eine Impfung.
Die Impfung erfolgt in der Regel mit einem Totimpfstoff, der einen nicht reproduktionsfähigen Bestandteil des Gürtelrose-Erregers enthält.
Um einen vollständigen Impfschutz zu erhalten, benötigen Sie zwei Impfungen im Abstand von zwei bis sechs Monaten.
Die Kosten für die Impfung werden bei der empfohlenen Patientengruppe von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

Wer darf nicht gegen Gürtelrose geimpft werden?

Nicht gegen Gürtelrose geimpft werden dürfen:

  • Babys und Kinder
  • Schwangere und Stillende
  • Patienten, die an einem akuten (fiebrigen) Infekt leiden
  • Patienten mit einer Allergie gegen einen Bestandteil des Impfstoffes
  • Personen, bei denen nach der ersten Impfung eine allergische Reaktion aufgetreten ist

Gut zu wissen: Gürtelroserisiko trotz Windpocken-Impfung, unbekannter Windpockenerkrankung oder überstandener Gürtelroseinfektion

Auch Patienten, die gegen Windpocken geimpft sind, können Gürtelrose bekommen. Das kommt allerdings weitaus seltener vor als bei Patienten, die eine Windpockeninfektion durchgemacht haben. Dennoch sollten Sie sich auch in diesem Fall impfen lassen, wenn Sie über 60 Jahre alt sind oder über 50 Jahre alt und an einer chronischen Krankheit leiden.
Auch wenn Sie nicht wissentlich Windpocken hatten, macht eine Impfung gegen Gürtelrose Sinn, denn es wird davon ausgegangen, dass sich in Europa nahezu alle Personen über 50 Jahre irgendwann einmal in ihrem Leben mit Windpocken infiziert haben und deshalb das Virus in ihnen "schlummert". Manchmal haben beispielsweise Kinder bei einer Windpockeninfektion nur ein oder zwei kleine Pickelchen und sonst keine Krankheitssymptome, so dass die Krankheit nicht erkannt wird.
Selbst wenn Sie schon einmal Gürtelrose hatten, macht eine Gürtelrose-Impfung Sinn, da manche Patienten mehrmals an Gürtelrose erkranken.

Welche Nebenwirkungen können bei einer Gürtelrose-Impfung auftreten?

Manchmal tritt eine Rötung oder Schwellung der Einstichstelle auf und/oder es kommt zu grippeähnlichen Symptomen (Kopfschmerzen, Fieber, Müdigkeit sowie Muskel- oder Gelenkschmerzen), was aber in der Regel schnell vorbei geht. Schwere Nebenwirkungen oder Langzeitschäden sind nicht bekannt.

Wie wirksam ist die Gürtelrose-Impfung?

Keine Impfung schützt zu 100 Prozent. Die Impfung bietet aber einen guten Schutz (über 90 Prozent) vor dem Ausbruch der Erkrankung. Studien haben ergeben, dass der Schutz nach 10 Jahren immer noch bei 70 Prozent liegt. Derzeit wird keine Auffrischung empfohlen.

Bleiben Sie gesund! wünschen Dr. Klaus Tiedemann und "Wir in Bayern"


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