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Labkraut Alternative zur Käseherstellung

Labkraut hat seinen Namen nicht umsonst. Es enthält ein Enzym, das man braucht, um Milch zu Käse werden zu lassen. Soweit die Theorie. Ob es wirklich funktioniert, hat Kräuterexpertin Renate Hudak für uns ausprobiert.

Stand: 03.08.2017 | Archiv

Doch wie kommt man überhaupt auf so etwas?

Renate Hudak liebt Kräuter. Sie sucht sie in der Natur, kultiviert sie mit vielen anderen Pflanzen in ihrem Garten, gibt Führungen und hält Seminare zu diesem Thema ab und schmökert gerne in Kräuterbüchern. Dabei stieß sie auf einen Artikel, der berichtet, dass man früher schon das Echte Labkraut, Galium verum, zum Herstellen von Käse verwendet hat. Denn Labkraut enthält dasselbe Enzym, das fürs Käsen unabdinglich ist und das Milch dazu bringt, zu gerinnen ohne sauer zu werden. Genau genommen kann man aber auch das Wiesen-Labkraut, Galium mollugo, oder das Kletten-Labkraut, Galium aparine verwenden. Noch dazu ist es egal, ob man das frische Kraut oder das getrocknete verwendet, ob es blüht oder nicht und sogar ein Absud des Labkrauts (=Kaltauszug) funktioniert. All das weiß Renate Hudak nur, weil sie fleißig experimentiert hat. Nachdem sie auf das Thema gestoßen ist, hat sie sich dazu etwas schlau gemacht und nach mehr Rezepten recherchiert. Und siehe da, jedes Rezept ist anders. Die einen empfehlen Rohmilch, die anderen pasteurisierte. Allen Rezepten gemeinsam ist, dass die Verfasser sich nicht konkret äußern, sei es, was Mengenangaben oder auch was Reifezeit anbelangt, teilweise sogar nicht mal zum genauen Vorgehen. Da sie von diesem Thema aber trotz all der Hürden fasziniert war, probierte Renate Hudak es einfach mal aus und macht sich zudem im Internet zum Thema Käseherstellung schlau. So sei an dieser Stelle betont, dass Renate Hudak alles andere als eine Expertin auf diesem Gebiet ist, sondern lediglich eine interessierte Laiin, die es mal selbst versuchen wollte.

Käse machen

Für ihren Frischkäse verwendet Renate Hudak einen Liter frische Vollmilch, 1-2 Esslöffel Joghurt und ein paar Zweige Labkraut. Sobald die Milch handwarm ist, gibt sie zum Ansäuern zwei Esslöffel Joghurt in die Milch und verrührt diese. Im Joghurt sind Milchsäurebakterien enthalten, die sich in der Milch vermehren. Alternativ kann man Joghurtkulturen aus dem Handel verwenden. Dann kommt das Labkraut, egal welches und egal ob frisch oder trocken.

Renate Hudak gibt das frische Labkraut immer in ein Teesäckchen und hängt es dann in die Milch. Manche Rezepte sprechen aber auch davon, es zu einem Kranz zu binden und auf die Milch zu legen. Das ergibt nur bei größeren Mengen (5 Liter +) einen Sinn. Denn aus einem Liter Milch gewinnt man etwa 250 Gramm Frischkäse, also ein Viertel der ursprünglichen Menge. Während des Gerinnens klebt der Käseansatz am Labkrautkranz fest und man bekommt ihn nur sehr schwer wieder ab. Das heißt bei nur einem Liter Milch wäre der Verlust einfach zu groß. Außerdem kann es passieren, dass Pflanzenteile in den Käse gelangen, die den Geschmack beeinflussen. Das Teesäckchen hingegen kann man einfach herausnehmen und es bleibt kaum Käseansatz daran hängen.

Alles wird dann über Nacht an einen warmen Ort gestellt und am besten komplett in Ruhe gelassen, also nicht unnötig bewegt. Ähnlich wie man es vom Joghurt ansetzen kennt, reagieren Milchsäurebakterien empfindlich auf unnötigen Stress. Renate Hudak hat keinen Raum, der konstant die gleiche Temperatur hat. Daher wickelt sie ihren Käseansatz in Handtücher und gibt eine Wärmflasche oben drauf, damit alles nicht unnötig auskühlt. Eine andere Variante ist ein stromloser Joghurtbereiter mit nur einem Innenbehälter, der mit kochendem Wasser funktioniert. Hier schwimmt der Käseansatz ungestört im Wasserbad vor sich hin.

In der Ruhe liegt der Käse

Nach der Ruhezeit geht es weiter mit dem Käsemachen. Über Nacht ist die Milch schon deutlich fester geworden, Käse und Molke haben begonnen, sich zu trennen. Um das zu unterstützen, wird der Käse jetzt geschnitten. Und zwar gleich mehrmals. Dazwischen aber unbedingt immer mindestens 10-15 Minuten warten.

Als erstes schneidet man den Käse vertikal in etwa 2 cm breite Streifen. Während der Wartezeit sieht man deutlich, wie die Molke austritt. Die zweite Runde Schnitte setzt man im rechten Winkel zur ersten an. Von oben sieht das Ganze dann aus wie ein weißes Schachbrett. Jetzt muss man erneut warten. Nach den vertikalen Schnitten muss der Käse horizontal geschnitten werden. Professionelle Käser verwenden dafür eine sogenannte Käseharfe, Renate Hudak hat sich dafür einen Draht halbmondförmig zurecht gebogen. Nach dem ersten vertikalen Schnitt heißt es wieder warten. Laut Renate Hudak ist Käse machen eine super „Nebentätigkeit“, weil man nebenbei noch so viel machen kann. Nach der nächsten viertel Stunde werden dann die 2 cm Streifen halbiert in 1 cm Streifen. Sowohl vertikal längs als auch vertikal quer und natürlich horizontal. Aber jeweils wieder mit einer Wartezeit von 10-15 Minuten dazwischen.

Tipp: Für den Käseansatz lieber eine hohe dünne als eine flache breite Schüssel verwenden.

Die endgültige Trennung

Nach dem letzten Schnittdurchgang und der verstrichenen Wartezeit schöpft Renate Hudak die Frischkäsewürfelchen mit einem Schaumlöffel in ein Sieb, das sie mit einem Küchentuch ausgelegt hat. Die Molke bleibt in der Schüssel. Dann schlägt Renate Hudak das Tuch um und legt ein Sieb, das etwas kleiner ist als das untere, auf den Käseansatz zum Beschweren. Ganz wichtig: alles auf einen großen Suppenteller stellen. Zwar ist der Großteil der Molke schon weg, aber auch jetzt tritt noch welche aus dem Frischkäse aus. Genau das ist auch der Grund, warum er ins Küchentuch kommt. Nach 10-15 Minuten wendet man den Käse, das Sieb, das als erstes unten war, ist jetzt oben und andersrum. Diesen Vorgang wiederholt Renate Hudak bis der Frischkäse die gewünschte Konsistenz hat. Dann ist er im Prinzip verzehrbereit. Soll daraus ein richtiger Käselaib werden, fängt die Arbeit jetzt erst an. Der Käse müsste täglich gewendet und gesalzen werden, um nur zwei der erforderlichen Schritte zu nennen. Alles in allem ein aufwendiger Prozess, der viel Können erfordert. Renate Hudak ist mit dem Ergebnis Frischkäse an sich aber schon so zufrieden, dass sie es dabei belässt und das mit dem „richtigen“ Käse den Profis überlässt.

Wer möchte, kann sich gerne daran versuchen, unser kleines Experiment nachzumachen. Er sei aber gewarnt: laut Renate Hudak kommt jedes Mal etwas anderes dabei heraus.

Kontakt

Renate Hudak
Am Neubruch 21
86199 Augsburg

Email: info@renate-hudak.de