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Gefahr auf der Straße Nachtblindheit: Wenn im Dunkeln die Bilder verschwimmen

Wird es dunkel, verschwimmen die Bilder. Geblendet von Nässe und Scheinwerfern, sind andere Verkehrsteilnehmer auf der Straße kaum zu erkennen. Eine große Gefahr – denn wer schlecht sieht, kann nicht schnell reagieren.

Von: Ulrike Heimes

Stand: 14.12.2020

Mann fährt in der Nacht Auto | Bild: picture-alliance/dpa

Fahren im Blindflug ist gefährlich. Selbst wer aufpasst, sieht abends alles später als am Tag.           

"Der Mensch ist für den Tag gebaut und nicht für die Nacht. Wir haben unser Maximum an Sehfähigkeit bei Tageslicht."

PD Dr. med Ulrich Schaudig, Augenarzt, Asklepios Klinik Barnbek, Hamburg

"Besonders im Alter ist es so, dass viele Menschen im Dunklen Probleme bekommen. Das Kontrastsehen nimmt ab, wenn man älter wird. Die Dämmerungssehschärfe wird in der Regel auch schlechter."

Dr. med. Rüdiger Schwarz, Augenarzt, Poliklinik für Augenheilkunde UKE, Hamburg

Spezieller Sehtest im Dunkeln

Mit einen speziellen Sehtest im Dunkeln lassen sich das Kontrast-Sehen und die Blend-Empfindlichkeit messen. Doch nicht mal beim Führerschein ist so ein Test vorgesehen, obwohl viele Leute nachts so schlecht sehen, dass sie zur Gefahr werden. Und dringend etwas tun müssten. 

"Eigentlich alle, jedenfalls ein großer Teil der Menschen wird in der Nacht etwas kurzsichtig. Das kann von unter einer Dioptrien bis zu zwei Dioptrien betragen. Das trifft uns fast alle. Dafür gibt es auch ganz gute Untersuchungen."

PD Dr. med Ulrich Schaudig, Augenarzt, Asklepios Klinik Barnbek, Hamburg

Brille für die Dunkelheit – oder stärkere Gläser

Deshalb bräuchten viele Menschen eigentlich für die Dunkelheit eine Brille. Oder – wenn sie schon eine haben – stärkere Gläser.

Auch Günther Kriens hatte zunehmend Probleme beim Sehen in der Nacht.

"Das machte sich vor allem beim Autofahren bemerkbar, bei Dunkelheit und Regen, ich wurde auch immer öfter geblendet durch Gegenverkehr. Und das war schon eine Beeinträchtigung beim Fahren, schon eine Gefährdung."

Günter Kriens, Betroffener

Grauer Star und Nachtblindheit – eine OP kann helfen

Bei ihm steckt aber der Graue Star dahinter, eine Alterserkrankung, bei der die Linse im Auge durch Ablagerung immer stärker eintrübt. Dadurch steigt die Blend-Empfindlichkeit extrem.

Durch den Einsatz einer Kunstlinse kann man den Grauen Star gut behandeln. Diese OP verbessert meist die Nachtsicht entscheidend. Günther Kriens kann nach seiner Operation auch im Dunklen wesentlich besser sehen. 

Schwierig selbst für gesunde Augen wird es bei nächtlichem Regen. Trifft Scheinwerferlicht auf spiegelnde Oberflächen, ist kaum noch etwas zu erkennen. Geblendet vom grellen Licht – für so eine Situation ist unser Auge schlecht gerüstet.

"Wir fahren mit gut adaptierten, gut dunkeladaptierten Augen. Das heißt, die Pupille ist weit, die Stoffwechselprozesse in der Netzhaut laufen langsam ab. Wenn wir jetzt plötzlich ein Auto entgegenkommt, dessen Scheinwerfer die weit geöffneten Pupillen treffen und dann die lichtempfindlichen Sehzellen im Auge treffen, dann bin ich für einen kurzen Augenblick total blind."

Prof. rer. nat. Olaf Strauß, Biologe, Experimentelle Augenkunde, Charité Berlin

Nachdem ein Lichtstrahl die Sinneszellen erregt hat, müssen die nachgeladen werden – und zwar mit Vitamin A. Dieser Prozess läuft im Dunkeln langsamer ab als tagsüber. Kommt nun plötzlich helles Licht, muss das System erst hochfahren. Bis ausreichend Vitamin A bereit steht, funktioniert nur ein Teil der Sehzellen.

Deswegen folgt  nach einer Blendung ein Nachglühen im Blickfeld, bis wieder ausreichend Vitamin A geliefert wird. Das kann länger als 30 Sekunden dauern.

"Und beim Autofahren auf der Landstraße sind 30 Sekunden eine elend lange Zeit und gefährlich."

Prof. rer. nat. Olaf Strauß, Biologe, Experimentelle Augenkunde, Charité Berlin

Speziell getönte Brillengläser gegen Blend-Effekte beim Autofahren

Gegen solche Blend-Effekte beim Fahren können Brillengläser mit spezieller Tönung und Beschichtung helfen.

"Diese Tönung sorgt dafür, dass das blaue Licht, was Sie in Led- und Xenon-Scheinwerfern haben, zum großen Teil herausgefiltert wird. Dadurch haben Sie  weniger Blendung, höhere Kontraste und weniger Reflexe."

Claudia Leuschner, Augenoptikerin, Hamburg

Solche Spezialgläser, eine stärkere Brille, oder eine Linsen-OP sind eine große Hilfe bei schlechtem Sehen im Dunkeln. Wichtig ist zunächst, dass Betroffene überprüfen lassen, woran es liegt.


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