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Gymnastik im Radio Turnen mit Claire Brill

"Wer locker lebt, hat mehr vom Leben", so das Motto von Claire Brill, der Leiterin der Funk-Gymnastik ab 1946. Viele Hörerinnen und Hörer waren begeistert vom Live-Frühsport, den es schon bei der „Deutschen Stunde in Bayern“ ab 1928 gegeben hatte.

Von: Ursula Zimmermann, Historisches Archiv

Stand: 13.10.2023

Frühgymnastik - drei Frauen und ein Mann machen Übungen am Boden | Bild: BR / Historisches Archiv

1946 übernahm Claire Brill, gelernte Krankengymnastin, die Funk-Gymnastik bei Radio München, dem Sender der amerikanischen Militärregierung. Claire Brills Sendungen waren jedoch bedingt durch die Kriegsjahre anders konzipiert und nicht mehr, wie es in der „radiowelt“ von 1947 hieß, „für die Vollschlanken und Verkaterten gedacht. (…)“, sondern „Keine zusätzliche Beanspruchung unseres kaloriengeschwächten Körpers, sondern ein Geschmeidiger- und Beweglicherwerden unseres verkrampften Körpers sind das Wesentliche“.

Aus: Hörerpost Radio München Wochenbericht vom 26.10.1948

Ein Hörer kritisiert die Begrüßung und persönliche Ansprache der bei den Gymnastiksendungen anwesenden Schüler und Schülerinnen durch Claire Brill. Der Hörer findet außerdem die Klavierbegleitung in den Sendungen mit Herrn Ehgartner besser als bei Herrn Alfons Tiefenböck, dessen "undeutliche Stimme aus dem Hintergrund oder durch ein hineingeworfenes kurzes mechanisches Lachen" dem Hörer seltsam anmute.

"Die Hupferte in der Früh"

"Guten Morgen verehrte Hörerinnen, verehrte Hörer, hier sind wir schon wieder. Alfonso sitzt am Klavier, ich bin bereit, und wir bitten Sie herzlich, stehen Sie doch schon auf, auch wenn es noch sehr früh ist. Oder machen Sie eine kleine Pause beim Frühstück und turnen Sie mit uns."

Claire Brill und Alfons Tiefenböck

Mit dieser Ansage begann die Sendung, bis Ende 1956. Die Übungen variierten, mal stimmte Claire Brill die Bewegungen auf bestimmte Berufsgruppen ab, mal auf spezielle Körperpartien wie Rücken, Bauch oder Füße und auch die Krampfadergeschädigten wurden bedacht. Die Klavierbegleitung reichte von Jazzmusik bis hin zum alten Schlager, geturnt und gesprochen wurde vor dem Mikrofon – alles live. Mitunter waren auch turnende Studiogäste anwesend – mehr oder weniger erfolgreich, wie Brill 1992 in einem Interview erzählte:

"Eine Zeitlang hatte ich Mitturner, Begeisterte, die kamen morgens früh. Aber das wurde dann ein solches Tohuwabou und ein solches Gelächter. Einmal ist der Büstenhalter geplatzt bei einer, die war im Bikini da und der Tiefenböck spielte nicht mehr weiter, ich konnte nicht mehr sprechen. Das wurde natürlich von oben sehr moniert"

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Claire Brill und Herr Tiefenböck am Klavier sind mittlerweile Rundfunkgeschichte. Im Lauf der Jahre und Jahrzehnte konnten die Hörer und Hörerinnen zwar immer noch fleißig vor ihrem Radio turnen, allerdings passte sich die Sendung dem jeweiligen Zeitgeschmack an. Es kamen Gymnastiksendungen für Kinder dazu, kurzzeitig gab es auch eine Abendgymnastik für Sekretärinnen. 1956 hörte Claire Brill beim Bayerischen Rundfunk auf. In der Folgezeit gab es zwar weiterhin Gymnastiksendungen, allerdings nicht immer regelmäßig. Die letzte Frühgymnastik-Sendung wurde im Hörfunk am 30. Juni 2003 ausgestrahlt. Sie lief damals allerdings nicht mehr unter dem Titel "Frühgymnastik", sondern hieß seit 1987 "Tu was für Dich".


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