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Die Landwirtschaftssendungen im BR Landleben

Die Sendungen der Redaktion Landwirtschaft und Umwelt informieren Verbraucher und Landwirte – und sorgen für Gesprächsstoff

Von: Daniela Wartelsteiner

Stand: 02.12.2016

Heuballen im Schnee | Bild: colourbox.com

Hopfen- oder Stallgeschichten, Milchkrise oder Fleischskandal, Ackerbau oder Forstwirtschaft, Glyphosat oder Verbraucherschutz, Hofsterben oder -modernisierung: Die Themen der Redaktion Landwirtschaft und Umwelt des BR sind vielfältig und ihre Sendungen in Bayern 2-Notizbuch, B5 aktuell und "Unser Land" im BR Fernsehen ein Erfolgsgarant. Dort geht es nicht um heile Welten, sondern um journalistische Inhalte: „Bei uns erlebt man Landwirtschaft pur mit allen Vor- und Nachteilen“, sagt Redaktionsleiterin Petra Kindhammer. "Wir zeigen auch, wie ein Ferkel kastriert oder ein Rind im Schlachthof geschlachtet wird, ohne verpixelte Bilder. Wir sind ganz real und vermitteln der Gesellschaft Bilder, die sie braucht, um sich selbst ein Bild zu machen."

Tierschutzthemen stehen ganz oben

Das "Unser-Land"-Team 1992 von links: Christian Seiffert, Petra Kindhammer, Uschi Dämmrich von Luttitz und Dietrich Goldberg.

Die Arbeit ihrer Redaktion mit circa 30 Mitarbeitern findet die Agrarwissenschaftlerin und Journalistin wichtig, um die Themen fachlich einzuordnen und in Radio, Fernsehen oder online zu präsentieren. Auch die ARD profitiert davon, denn nur der BR hat noch ein Landwirtschaftsressort und Experten, die bei BSE-Skandal oder Milchkrise mit ihrer Kompetenz der ARD-Senderfamilie zur Verfügung stehen. Denn viele wünschen sich eine nachhaltige Landwirtschaft, in der etwa weniger Chemie auf den Feldern versprüht wird und Tiere anständig behandelt werden. Doch wie sollen die Bauern das bewerkstelligen? Arbeiteten in den 90er-Jahren etwa 1,2 Millionen Menschen bundesweit auf den Bauernhöfen, sind es heute circa 670.000. Außerdem sollen die Bauern für den Weltmarkt produzieren, aber bei Überproduktion fallen die Preise. Wohin das führt, zeigt die Milchkrise. "Durch die ganzen Lebensmittelskandale – die im Übrigen nicht von der Landwirtschaft verursacht wurden, sondern von der verarbeitenden Industrie oder vom Handel – ist das Interesse groß an Themen wie Ernährung, Landwirtschaft, Klimabilanz, CO2- Belastung und Tierwohl", sagt Kindhammer. Tierschutzthemen beschäftigen die Verbraucher am meisten. Davon spricht auch Christine Schneider, die seit 18 Jahren für "Unser Land" redaktionell arbeitet und bis April 2016 die Sendung auch jahrelang moderiert hat. "Es geht um Fragen wie: Dürfen Rinder enthornt werden? Was kann man tun, um bei Legehennen nicht die Schnäbel abschneiden zu müssen? Die Ferkelkastration soll 2019 verboten werden – welche Alternativen gibt es? All diese Themen, die die Verbraucher bewegen, arbeiten wir ab – nicht nur zur Freude der Bauern." Böse Briefe einzelner Bauernverbandsfunktionäre an die höchsten Stellen des BR sind manchmal die Folge. "Doch wir haben einen großen Rückhalt im Haus, solange wir gründlich arbeiten. Und der Erfolg gibt uns Recht: Einschaltquoten von durchschnittlich 16 Prozent und eine positive Resonanz der Zuschauer", sagt Schneider.

Eine Stallgeschichte mit Folgen

Aber die Macher von "Unser Land" bekommen auch sonst viel Kritik ab. "Tierschützer, Naturschutzverbände oder Mitglieder aus dem Umweltbereich bemängeln, dass die Redakteure das Sprachrohr der Landwirtschaft sind", sagt Schneider. Das lässt sich sehr gut am Beispiel der Serie "Stallgeschichten" veranschaulichen. Die Redaktion hat eine Bauernfamilie aus der Oberpfalz, die ihren Stall für 580 Kühe gebaut hat, anderthalb Jahre mit der Kamera begleitet. "Das hat ein großes Echo ausgelöst", sagt Schneider: „Wir sind heftig angegriffen worden: 'Das ist Massentierhaltung, das dürft ihr nicht zeigen!' Damit haben wir in der Bevölkerung, aber auch in der Landwirtschaftsbranche für sehr viel Gesprächsstoff gesorgt", so Schneider. Den Alltag der Bauern abzubilden, ist aber die Essenz der Sendung. Die Redakteurin stellt klar: "Die Größe eines Betriebes hat nichts mit der Qualität zu tun. Es geht um die artgerechte Haltung von Tieren." Fakt ist auch: "Die Bauern geben sich Mühe und wollen auch den Ansprüchen gerecht werden", betont Kindhammer.

Die Geschichte des Landfunks

1949 fing im BR-Hörfunk alles mit dem "Landfunk" an. Damals ging es eher um Agrar- und weniger um Gesellschaftspolitik. Mit der Zeit änderte sich das. 1964 entstand eine TV-Variante: "Hof und Garten". Eher Bildungsfernsehen, findet Kindhammer heute: "Die Archivaufnahmen sind abenteuerlich: Ein Professor hält vor der Kamera einen Vortrag über die Landwirtschaft." Bald wurde die Sendung in „Unser Land“ umbenannt, die nun mit mehreren Beiträgen überzeugte. Fernsehen und Radio arbeiteten schon früh eng zusammen, Beispiel dafür war die Radiosendung "Gesehen, diskutiert". Bis in die 80er-Jahre lud der "Landfunk" überall in Bayern Zuschauer ein, um mit ihnen ein Thema der aktuellen TV-Sendung "Unser Land" anzuschauen und zu diskutieren. Die Aufzeichnung wurde anschließend im Radio gesendet. 1991 übernahm Kindhammer die Leitung der Redaktion mit der Aufgabe, "Unser Land" zu einem Magazin zu reformieren: "Semiaktualität war gefragt – aber auch Breaking News wie im Fall von BSE und Hormonskandalen. Wir hatten damals schon tolle Einschaltquoten. Das hat dem Haus gezeigt, wie groß das Interesse an den Themen ist. Während andere ARD-Anstalten ihre Landwirtschaftsredaktionen auflösten, hat der BR seinen 'Landfunk' im Hörfunk behalten."

Mit starker Kompetenz in die Zukunft

Heute sind die Protagonisten der Sendung immer die Bauern. Bei Wind und Wetter werden sie bei ihrer Arbeit begleitet. "Wir erklären den Zuschauern, wie Lebensmittel produziert werden, unter welchen Bedingungen die Landwirte das tun und mit welchen Problemen das verbunden ist", fasst Schneider das Erfolgsrezept von "Unser Land" zusammen. Und wie schaut die Zukunft des Ressorts Landwirtschaft und Umwelt aus? Kindhammer sagt: "Neben unseren eigenen Sendungen werden wir zu einer Zulieferredaktion. Wir beliefern jetzt schon 'radioWelt', Bayern 1, B5 aktuell, 'Rundschau' und 'Abendschau'. Ich wünsche mir, dass wir es schaffen, ein Art Feinkostladen zu werden – mit Beiträgen, die jeder gerne einkauft und sendet."


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