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Meinung Warum ich dagegen bin, den „Frauentag“ als „feministischen FLINTA*-Kampftag“ zu bezeichnen

Am 8. März ist Weltfrauentag. Doch beim Namen fangen die Debatten schon an: Frauentag? Frauenkampftag? Feministischer Kampftag? FLINTA*-Tag? Wer alle mitmeinen will, wird am Ende keinem gerecht, findet unsere Autorin.

Von: Paula Lochte

Stand: 08.03.2023 | Archiv

Aktivist*innen haben im Oktober 2021 das Straßenschild der Frauenstraße mit "Flinta*-Straße" überklebt. | Bild: picture alliance/dpa | Rolf Vennenbernd

Am 8. März ist Weltfrauentag. Ich könnte aber auch schreiben, Frauenkampftag. Oder Feministischer Kampftag. Relativ neu im Angebot ist die Bezeichnung: FLINTA*-Tag. Was heißt FLINTA*? Die Abkürzung steht für Frauen, Lesben sowie intergeschlechtliche, nicht-binäre, trans und agender (also geschlechtslose) Personen. Das Sternchen am Ende ist indes so etwas wie eine begriffliche Vollkaskoversicherung – es deckt alle Menschen ab, die durch Nicht-Nennung zu Schaden kommen könnten. Ein Platzhalter, der zeigt: Auch euch meinen wir.

Ich sage aber bewusst „Frauentag“ und nicht „FLINTA*-Tag“. Denn der Buchstabensalat mit Sternanis stößt mir sauer auf. Weniger polemisch ausgedrückt: Ich mag den inklusiven Impetus, finde aber, wer alle mitmeinen will, wird am Ende keinem gerecht.

In den 70ern waren trans Frauen nicht in allen Frauenräumen willkommen

Das schreibe ich, wissend, dass der Begriff „FLINTA*“ nicht ohne Grund aufkam. Er berührt nämlich eine Schwachstelle der Frauenbewegung. Zu Recht meldeten sich in den 70er und 80er Jahren mehr und mehr Frauen zu Wort, die sich in feministischen Räumen und Diskursen nicht wiederfanden: Schwarze Frauen, jüdische Frauen, lesbische Frauen, trans Frauen. Wenn beispielsweise eine trans Frau damals in einen Frauenbuchladen ging, auf einem Frauenfestival feiern wollte oder sich vor häuslicher Gewalt in ein Frauenhaus flüchtete, war nicht klar, ob sie dort willkommen ist – oder ob andere Frauen ihr ihr Frausein absprechen. Auch heute noch streiten Feministinnen über die Frage: Wer ist eine Frau?

Auch mit FLINTAMSB & CO KG* wäre das Ende der Kürzelparade noch nicht erreicht

Konsequenterweise ist angesichts der historischen und in Teilen noch immer bestehenden Ausschlüsse in der Frauenbewegung aber auch FLINTA* ein zu kleiner Begriff. Wo ist darin eine migrantische, eine Schwarze, eine bisexuelle Perspektive vertreten? Plötzlich wären wir bei FLINTAMSB & CO KG* – und auch damit noch nicht am Ende der Kürzelparade angelangt.

Ich möchte stattdessen vorschlagen, den Begriff „Frau“ zu reclaimen und gedanklich zu erweitern. Ich weigere mich, den Begriff jenen zu überlassen, die ihn verengen und damit nur weiße, heterosexuelle, cis Frauen meinen. Auch ich als Lesbe bin eine Frau. Und auch du als nicht-binäre Person kannst dich politisch mit feministischen Anliegen identifizieren. Für mich ist „Frau“ weniger eine biologische als eine politische Kategorie, unter der wir gemeinsam für mehr Gleichberechtigung und Selbstbestimmung kämpfen. Also lasst uns bitte beim schnörkellosen „Frauentag“ bleiben – oder doch besser „Frauenkampftag“? Nein!

Die Bezeichnung „Frauenkampftag“ ist so sinnvoll wie „saure Zitrone“

Auch den Begriff „Frauenkampftag“ nutze ich bewusst nicht. Ich halte ihn nämlich für so pleonastisch sinnvoll wie „weißer Schimmel“ oder „saure Zitrone“. Selbstverständlich ist der Frauentag – anders als, sagen wir, der Valentinstag – kämpferisch! Das war er seit ihn Sozialistinnen Anfang des 20. Jahrhunderts zum ersten Mal ausriefen.

Ihre Forderung? Das Frauenwahlrecht! Bittere Kämpfe waren nötig, um es zu erringen. Wer das vergessen hat, dem empfehle ich das britische Filmdrama „Suffragette – Taten statt Worte“. Es erzählt, wie Frauen sich mit friedlichem Protest, Hungerstreiks, aber auch Brandsätzen das Wahlrecht erstritten. Der Untertitel des Films sollte uns im Kampf um Gleichberechtigung und Selbstbestimmung zu denken geben: „Taten statt Worte“.