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Wunderwerk Pilz Pilze im Ökosystem

Stand: 26.11.2014 | Archiv

Samtfußrübling an Baumstamm | Bild: picture-alliance/dpa

Edel-Schwammerl wie Steinpilz, Pfifferling, Champignon und allen voran natürlich der Trüffel sind aus der Feinschmecker-Küche kaum mehr wegzudenken. Die wahre Macht und Größe der rund 100.000 Pilzarten bleibt dem Pilze-Sammler meist jedoch verborgen, denn sie liegt tief im Erdreich versteckt: In den USA wurde vor einigen Jahren eine Pilzart entdeckt, die sich unterirdisch über eine Fläche von rund 880 Hektar erstreckte. Der Pilz ist der weltweit größte lebende Organismus.

In der Natur spielen Pilze eine wesentliche Rolle beim Abbau organischer Materie - ihre ökologische Bedeutung ist enorm. Das Wissen, dass Pilze nicht nur tödliches Gift, sondern auch heilende Substanzen enthalten, wird in der asiatischen Medizin schon seit tausenden von Jahren eingesetzt. So ist die Therapie mit Pilzen ein wesentlicher Bestandteil der Traditionellen Chinesischen Medizin.

Mikroskopische Aufnahme von Penizillin in polarisiertem Licht

Aber auch in Europa und den USA wächst das Interesse am Einsatz von Pilzen als Heilpflanze gegen Immunschwächekrankheiten, Diabetes, Magenbeschwerden, Allergien und Bluthochdruck. Schon lange sind Pilze Lieferanten für das Antibiotikum Penicillin. Seit einigen Jahren sind Wissenschaftler auf der Suche nach neuen Wirkstoffen und stoßen dabei immer wieder auf Überraschungen.

Aufgaben im Ökosystem

1. Hexenring und Müllabfuhr - Die Aufgaben im Ökosystem

Der Butterpilz mag gerne Birken als Nachbarn.

Manchmal wachsen Pilze in sogenannten "Hexenringen" - buchstäblich im Kreis. Der Name "Hexenring" geht auf einen alten Aberglauben zurück, der besagt, dass die kreisförmigen Anordnungen früher der Ort von Hexenversammlungen waren. Dabei haben Pilze meist bestimmte Standortvorlieben. Wo sie wachsen, hängt von vielen Faktoren ab: etwa von der Beschaffenheit des Bodens, von dessen pH-Wert (eher sauer oder alkalisch), von dessen Feuchtigkeit - und natürlich von den dort wachsenden Bäumen. So kommen Birkenpilz und Rotkappen häufig in der Nähe von Birken vor. Fliegenpilze wachsen unter Fichten, und der Butterpilz im Kiefernwald.

2. Pilz und Baum - Eine symbiotische Beziehung

Stockschwämmchen wachsen in Gruppen an Baumstämmen

Pilze spielen eine wichtige Rolle im Ökosystem des Waldes. Kaum ein Baum oder Strauch, den sie nicht mit ernähren. Eine symbiotische Wohngemeinschaft, von der beide Partner profitieren: Die Pflanzen liefern den Pilzen Zucker, den sie durch die Fotosynthese gewinnen - und sie bekommen von den Pilzen das dafür notwendige Wasser zurück. Aber nicht nur das. Die Pilze liefern den Pflanzen alles, was diese mit ihren Wurzeln nicht aus dem Boden herausholen können. Dazu gehören auch Mineralien und Spurenelemente wie Eisen. Doch Pilze versorgen die Bäume nicht nur mit lebenswichtigen Stoffen. Sie sind auch die Müllabfuhr im Wald. Sie zersetzen vor allem tote Materie. Ob heruntergefallene Äste, entwurzelte Bäume, Blätter, die auf dem Boden liegen - alles wird von den Pilzen recycelt. Und das schon seit vielen Millionen Jahren.

3. Pilz und Baum - Freund und Feind

Hallimasch-Pilze an einem Baumstumpf

Manchmal können Pilze aber auch schädlich sein. Ein Beispiel ist der Hallimasch. Er schmarotzt an den Bäumen, unter denen er lebt. Rost- und Brandpilze sind als Parasiten ebenfalls sehr effektiv. Sie können ganze Ernten vernichten. Die Schadpilze befallen Getreidearten wie Mais oder Weizen und machen sie krank. Sichtbar wird das an Flecken, die wie Rost wirken, oder die aussehen, als sei die Pflanze verbrannt.

Auch der wulstartige Zunderschwamm gehört zu den Schadpilzen. Er taucht oft an den Stämmen von Buchen oder Birken auf. Seine Oberfläche ist gräulich-braun und hat ringförmige Furchen. Außerdem ist sie sehr fest. Wenn man den Pilz durchschneidet, riecht er nach frischen Melonen- oder Gurkenschalen; essbar ist er aber nicht.

4. Der Zunderschwamm - Ötzis Feuerzeug

Der Zunderschwamm - das "älteste Feuerzeug der Welt"

Dafür gilt der Zunderschwamm als das älteste "Feuerzeug" der Welt. Schon vor Jahrtausenden wurde sein Fruchtfleisch getrocknet und zu Zunder verarbeitet - und daraus dann Feuer gemacht. Eine Eigenart, die wohl zu der Redensart "das brennt wie Zunder" führte. Die 1991 in den Ötztaler Alpen gefundene Gletschermumie Ötzi hatte ebenfalls einen Zunderschwamm dabei. Wozu sie allerdings einen getrockneten Birkenporling brauchte, ist bis heute ungeklärt. Dem bitteren Baumpilz werden entzündungshemmende Eigenschaften nachgesagt - vielleicht nahm ihn Ötzi deshalb auf seiner langen Wanderung mit?


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