Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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5. April 1722 Jakob Roggeveen entdeckt die Osterinsel

Einsam und allein liegt sie im Südpazifik: Die Osterinsel. 2078 Kilometer sind es von dort bis zum nächsten Land. Bekannt ist die Insel vor allem für ihre gewaltigen Steinskulpturen, die sogenannten "Moai" - ursprünglich sollen es über 1000 Stück gewesen sein. Doch warum ging die Kultur, die sie erschuf, unter? Autorin: Silke Wolfrum

Stand: 05.04.2022 | Archiv

05 April

Dienstag, 05. April 2022

Autor(in): Silke Wolfrum

Sprecher(in): Irina Wanka

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Als Jacob Roggeveen 1722 auf der Suche nach dem sagenhaften Südkontinent über den Südpazifik schipperte, hatte er natürlich keine Ahnung, dass die kleine Insel, auf die er stoßen sollte, viel spektakulärer war als besagter Südkontinent - der sowieso nie gefunden wurde. Gesichtet wurde das gerade mal 163 km² kleine Eiland am Ostersonntag, dem 5. April 1722. Daher lag es nahe, es Osterinsel zu taufen. Auch wenn es schon längst einen anderen Namen hatte, nämlich Te Pito O te Henua, was in der Sprache der Inselbewohner "Nabel der Welt" heißt.

Rätsel über Rätsel

Manche nennen sie die "einsamste Insel der Welt", ist sie doch ein Punkt im Pazifik, umgeben von nichts als Wasser. Für andere ist sie einer der "geheimnisvollsten Orte der Welt." Tatsächlich steckt sie voller Rätsel: Wie sind die ersten Siedler aus Polynesien vor rund 900 Jahren dorthin gekommen? Warum stehen auf dieser Insel riesige uralte Statuen ohne Unterleib? Wie konnten die Menschen damals, rund 70 Tonnen schwere Steinskulpturen erschaffen, kilometerweit transportieren und aufstellen? Und wozu das Ganze?

Im Laufe der Jahre kamen so einige auf die Insel und viele beschäftigte die Frage, warum die Statuen nun zertrümmert am Boden lagen und auf der Insel kein Baum mehr wuchs, obwohl sie doch einst dicht bewaldet gewesen sein musste. Eine gebündelte Antwort auf viele Theorien der letzten Jahrzehnte gab der Geograph Jared Diamond in seinem 2005 erschienen Bestseller "Kollaps". Vor Roggeveens Eintreffen, so Diamond, habe sich auf der Insel Schreckliches zugetragen. Die Bevölkerung wuchs, aus Machtprotzerei sollten immer mehr Statuen aufgestellt werden, für ihren Transport wurden nach und nach alle Bäume abgeholzt, bis der Boden erodierte, die Ernte einbrach, die Menschen hungerten.

Es sei zum Bürgerkrieg gekommen, in dem sich die Insulaner gegenseitig ausrotteten - ja, sich sogar gegenseitig auffraßen. Und die Moral von der Geschichte: Auf der Osterinsel sei im Kleinen geschehen, was auf dem Planeten gerade im Großen geschieht. Die Zerstörung der eigenen Lebensgrundlage aus Egoismus.

Eine Lektion in Egoismus

Ein paar Dinge wurden dabei jedoch - wie sich später herausstellte - übersehen: Zu Roggeveens Eintreffen waren die Inselbewohner keineswegs ein verkommenes kleines Häufchen Überlebender, im Gegenteil: Gesunde, freundliche Menschen boten den Ankömmlingen Essen an. Trotzdem erschossen Roggeveens Leute zehn davon - ein "Unfall" hieß es. Krieg hatte es auf der Insel nachweislich vor Roggeveens Ankunft nie gegeben, auch keine Überbevölkerung. Die Bäume waren nicht der Moai wegen verschwunden, sondern aufgrund einer Rattenplage. Den Insulanern war es trotzdem gelungen, ihr Land durch raffinierte Techniken fruchtbar zu halten.

Schlecht ging es ihnen dann aber doch. 1862 entführte ein Sklavenschiff ein Drittel der Bevölkerung nach Peru. Die 15 Überlebenden, die zurückkehrten, brachten die Pocken mit. Das war das Ende einer großen Kultur.


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