Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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28. Mai 1937 Golden Gate Bridge für Verkehr freigegeben

If you are going to San Francisco… Klar muss man dann über die eine Brücke gehen oder fahren oder sich zumindest davor zu fotografieren: Die Golden Gate Bridge. Für manche Monument, für andere Schicksal. Autorin: Brigitte Kohn

Stand: 28.05.2020 | Archiv

28 Mai

Donnerstag, 28. Mai 2020

Autor(in): Brigitte Kohn

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Zu Beginn der 1930er Jahre wurden die Pläne konkret, eine Brücke über das Golden Gate, die Meeresenge an der Bucht von San Francisco, zu schlagen. Doch viele Menschen waren dagegen. Sie sorgten sich wegen der Wassertiefe, der starken Strömung, der Erdbebengefahr; sie hatten Angst um das wunderschöne Panorama.

Heute möchte man sich das Golden Gate ohne Golden Gate Bridge gar nicht mehr vorstellen. San Francisco samt Bucht wäre entzaubert, wenn die Brücke, eine der größten Hängebrücken der Welt, plötzlich verschwinden würde. Zum Glück war sie nie ernstlich in Gefahr. Wenn sie im Wind schwankt oder durchhängt unter der Last des Verkehrs, dann ist das eingeplant und dient der Stabilität.

If you are going…

Nach vierjähriger Bauzeit wurde das zukünftige Wahrzeichen von San Francisco am 28. März 1937 für den Autoverkehr freigegeben, am Tag zuvor für Fußgänger und Radfahrer. ((Die Glocken läuteten, Sirenen heulten auf zur Feier des Tages, und Unmengen von Hotdogs wurden verkauft.))

Chefingenieur Joseph B. Strauss hatte sein Werk gegen alle Widerstände durchgeboxt und alle technischen Herausforderungen gemeistert. Fürs Ästhetische war ein Architekt zuständig gewesen, dem die Brücke ihre romantischen Art-Deco-Elemente verdankt. Der charakteristische Anstrich in rötlichem Orange ist einfach die Rostschutzfarbe. Die sieht so gut aus, dass man darauf verzichtet hatte, sie zu übermalen.

Half way to hell..

Wenn dichter Nebel die Brücke umhüllt, schaut nur der obere Teil der Türme aus den Schwaden heraus. Das wirkt dann überirdisch schwerelos, so, als hätten sie keine Fundamente. Haben sie natürlich doch. Schwer genug war es gewesen, sie in 90 Meter Wassertiefe in den Meeresboden einzulassen, eingepfercht in enge Taucherkabinen und immer in Angst vor der Flut.

Die Bauarbeiten in der Höhe gingen dann zügig voran und forderten weniger Todesopfer als befürchtet. Wer ausrutschte und in die Sicherheitsnetze fiel, fand sich meistens im Krankenhaus wieder und konnte zusammengeflickt werden. Die Überlebenden gründeten den Half Way to Hell-Club, schließlich hatten sie sich nur auf dem halben Weg zur Hölle befunden. 

Doch die vielen Lebensmüden, die im Laufe der Jahrzehnte von der Brücke sprangen, fanden hier den Tod. Erst im Jahre 2014 wurde ein Auffangnetz genehmigt. Joseph B. Strauss hatte nichts dergleichen eingeplant, weil er den Gesamteindruck nicht beeinträchtigen wollte. erliebt in seine Brücke, die er eine "Harfe für die Himmelswinde" nannte, konnte er sich sowieso nicht vorstellen, dass Menschen sich hier etwas antun würden.

Er selbst wirkte allerdings am Eröffnungstag ziemlich blass und mitgenommen, wie er da so stand, umringt von aufgerüschten kalifornischen Schönheitsköniginnen, und nur wenige Worte sagte: Die Golden Gate Bridge brauche keine Lobeshymnen, sie spreche für sich selbst. Ein Jahr später erlag er einem Schlaganfall. Das Projekt seines Lebens hatte seine Kräfte aufgezehrt. Schönheit und Perfektion, das ist ja häufig so, sind nicht umsonst zu haben, sie fordern ihren Preis.


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