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Konfliktlösung Generationenkonflikt am Arbeitsplatz

Junge Kollegen wissen alles besser, doch alte sitzen meist auf den Entscheider-Positionen. Altersunterschiede am Arbeitsplatz führen häufig zu Konflikten. Wie Sie sie lösen können, erklärt Paartherapeutin Bettina Brockmann.

Stand: 27.05.2019

In vielen Unternehmen arbeiten Menschen zusammen, deren Altersunterschied bis zu 50 Jahre beträgt. Dabei prallen ganz verschiedene Interessen, Bedürfnisse und Weltbilder aufeinander. Natürlich entsteht da ein hohes Konfliktpotential. Um den Kollegen oder die Kollegin in einem anderen Alter besser zu verstehen, hilft es, sich die einzelnen Generationen genauer anzuschauen:

Die ältesten Mittarbeiter eines Unternehmens sind vor 1950 geboren und damit heute rund 70 Jahre alt. In der Regel sind diese „Traditionalisten“ nur noch als Senior-Chefs, in den Unternehmen präsent. Trotzdem spielen Sie im Arbeitsalltag eine Rolle, da viele große Entscheidungen in ihrer Hand liegen.

In vielen Unternehmen arbeiten bis zu fünf Generationen zusammen.

Als Babyboomer bezeichnet man die Generation, die zwischen 1951 und 1964 geboren wurde. Der Begriff stammt aus den USA und beschreibt den geburtenstarken Jahrgang nach dem zweiten Weltkrieg. Die Babyboomer sind geprägt von den Eindrücken des Wiederaufbaus und des Wirtschaftswunders. Heute befinden sich die älteren Jahrgänge der Babyboomer bereits in der Rente, die jüngeren haben die letzten Arbeitsjahre noch vor sich. Sie sind meist die ältesten Mitarbeiter in einem Unternehmen und besetzen deshalb häufig Führungspositionen. Sie haben gelernt, man lebt um zu arbeiten.

Alle, die zwischen 1965 bis 1980 geboren wurden zählen zur Generation X. Sie bilden weitestgehend das mittlere und obere Führungspersonal der Unternehmen. Diese Generation ist geprägt von diversen globalen Krisen wie Tschernobyl, Ölkrisen und aufkommende Diskussionen um Umweltverschmutzung. Für sie ist die Arbeit zwar noch ein wichtiger Teil des Lebens, jedoch wird sie mehr als Mittel zum Zweck für ein schönes Privatleben gesehen. Die Generation X arbeitet, um zu leben.

Die Generation Y, also Kolleginnen und Kollegen zwischen 38 und 19 Jahren (Jahrgang 1981 bis 2000) sind die etablierten Leistungsträger im Unternehmen. Die Generation Y ist aufgewachsen in den 90ern, erlebte Finanz- und Wirtschaftskrisen, Massenarbeitslosigkeit und die Verbreitung von Internet und Smartphones. Sie ist die erste Generation, die mit digitalen Medien sozialisiert wurde und arbeitet nach dem Grundsatz: Solange die Arbeit Spaß macht und einen tieferen Sinn erfüllt, ist man gerne bereit auch Freizeit zu opfern. Nach dem Leitsatz: Leben und Arbeit verbinden.

Am wenigsten wissen wir über die Generation Z, also alle ab 2001 Geborenen, die gerade als Auszubildende den Arbeitsmarkt erobern. Es ist die erste Generation, die vollständig mit mobilen Endgeräten aufwuchs. Bisher zeichnet sich jedoch ab, dass sich mit der Generation Z ein klarer Bruch in der Arbeitsmoral einstellt: Die Generation Z zieht eine klare Grenze zwischen Arbeit und Privatleben. Sie sind ehrgeizig und fokussiert auf ihre Karriere.

"Je größer der Altersunterschied zwischen Mitarbeitern in einem Team ist, desto unterschiedlicher sind natürlich auch deren Lebens- und Erfahrungshorizonte."

Bettina Brockmann, Paar- und Familientherapeutin

Eine Befragung des Personaldienstleisters Kelly Services von mehr als 100.000 Angestellten in 34 Ländern ergab: Ein Drittel hat bereits generationenbedingte Konflikte am Arbeitsplatz erlebt. 

Kommunikation

Das größte Problem zwischen Kolleginnen und Kollegen mit großem Altersunterschied ist die Kommunikation. Wo die einen noch über die Party am Wochenende und das letzte Date sprechen, reden andere über Familienurlaube, Kinderspielzeug oder schlechten Schlaf. In den verschiedenen Lebenswelten ein gemeinsames Gesprächsthema außerhalb des Geschäftlichen zu finden, ist gar nicht so einfach.

Offene Kommunikation kann viele Konflikte lösen.

Personaldienstleister Randstad befragt vierteljährlich in einer Online-Umfrage Arbeitnehmer in 33 Ländern. In Deutschland wurden 400 Arbeitnehmer zwischen 18 und 65 Jahren aus unterschiedlichen Branchen befragt. Das Ergebnis: 48% der Arbeitnehmer zwischen 25 und 34 klagen über Schwierigkeiten mit Kollegen aus anderen Altersgruppen zu kommunizieren. In der Altersgruppe 18 bis 24 Jahre haben 42% Schwierigkeiten mit der Kommunikation mit älteren Kollegen (Randstand Arbeitsbarometer Q2 2018).

Vor allem jungen Arbeitnehmern fällt es schwer, ein gemeinsames Thema oder den passenden Tonfall im Gespräch mit älteren Kolleginnen und Kollegen zu treffen.

"Damit eine Kommunikation klappt, ist es wichtig, dass beide Parteien sich für den jeweils anderen interessiert. Was ist an der Kommunikation des anderen hilfreich? Probieren Sie verschiedene Kommunikationsmethoden aus um Konflikte zu vermeiden."

Bettina Brockmann, Paar- und Familientherapeutin

Verschiedene Prioritäten - Streit am Arbeitsplatz

Konflikte entstehen auch dadurch, dass die verschiedenen Generationen unterschiedliche Prioritäten setzten, was das Arbeitsleben angeht. Babyboomer trennen Berufliches und Privates sehr streng. In der Umfrage von Randstad geben von den befragten Arbeitnehmern über 45 Jahren 58% an, lieber im Büro als zu Hause zu arbeiten. Bei den Arbeitnehmern über 55 sind es sogar 65%. Sie leben um zu arbeiten und haben deshalb wenig Verständnis für die jüngere Generation Y, die gerne Leben und Arbeit verbindet.

Jede Generation tickt anders.

Zudem hat auch jede Generation eine andere Vorstellung von Fleiß, Produktivität, Erfolg und Kreativität. Was die einen für ergebnisorientiertes Arbeiten halten, ist für die anderen zu starr, unflexibel und wenig empathisch.

Bettina Brockmann empfiehlt, sich nicht an Kleinigkeiten aufzuhängen. Viel mehr sollten Sie versuchen Verständnis für den anderen zu entwickeln. "Versetzen Sie sich in die Lage des anderen und versuchen Sie seine Position nachzuvollziehen. Das bedeutet noch lange nicht, dass Sie einer Meinung sein müssen," so Brockmann. Denn nur wenn die Bereitschaft für gegenseitiges Verständnis da ist, kann ein Austausch zwischen den Kollegen stattfinden, der ganz neben bei auch sehr belebend sein kann. Man kann viel von anderen Generationen und deren Sichtweisen lernen, so Brockmann.

Hierarchie und Kompetenz

Ältere Generationen plädieren häufig für mehr Hierarchien. Jüngeren sind Hierarchien meist vollkommen egal. Was zählt ist Kompetenz. Der Personaldienstleister Randstad fand heraus, dass grundsätzlich gilt: Je jünger ein Mitarbeiter ist, desto unwichtiger wird ihm die Hierarchie. Das bleibt auch so, wenn er älter wird, denn die Einstellung zu Hierarchie und Kompetenz ändert sich kaum mehr.

Zusätzlich ist es sehr spannend zu beobachten, dass sich in den letzten Jahren auch die Strukturen in Führungsebenen verändert haben. Heute ist der Chef nicht mehr älter als seine Mitarbeiter. Laut der Studie von Randstad sind mittlerweile 20 Prozent der US-Arbeitnehmer deutlich älter als ihre Chefs. Tendenz steigend. Das liegt vor allem daran, dass junge Arbeitnehmer sehr kompetent und deshalb gut geeignet für Führungspositionen sind.

Junge Kolleginnen und Kollegen kommen direkt aus der Ausbildung oder dem Studium und haben das erlernte Wissen noch sehr präsent. Bei Älteren ist die letzte Weiterbildung oft schon ein Weilchen her. Nur 16% der Arbeitnehmer waren in den letzten zwölf Monaten auf einer Schulung. Das ist viel zu wenig, denn der Arbeitsmarkt verändert sich schnell. Viele Unternehmen haben kein genaues Bild von den Bedürfnissen ihrer Belegschaft und setzen statt auf berufliche auf allgemeine und im Joballtag weniger zielführende Weiterbildungsmaßnahmen.

"Weiterbildungen sind ein wichtiges Thema. Wer an Weiterbildungen teilnimmt, bleibt auf dem neuesten Stand und kann als älterer Mitarbeiter mit dem Wissen der jungen Kollegen mithalten. Dadurch entsteht keine Konkurrenz."

Bettina Brockmann, Paar- und Familientherapeutin

Konfliktlösung

Wenn es einen Konflikt zwischen Kollegen gibt, dann hat Bettina Brockmann folgende Tipps: Zum einen ist es manchmal hilfreich den Vorgesetzten hinzuzuziehen. Machen Sie sich bewusst, was Sie an der Zusammenarbeit mit den betroffenen Kollegen schätzen. Mit diesen positiven Gedanken sollten Sie ein Gespräch einleiten. Schildern Sie die entsprechenden Konfliktsituationen. Beschreiben Sie die Probleme nur aus Ihrer Perspektive, schildern Sie was Sie wahrnehmen. So verletzen Sie ihr gegenüber nicht. Formulieren Sie Wünsche, wie die Zusammenarbeit aussehen sollte und entwickeln Sie gemeinsam eine Lösung.


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