Presse - Pressedossiers


0

Doku im Ersten am 8.11. um 20.15 Uhr Sind unsere Dörfer noch zu retten?

Das Grundgesetz schreibt gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Regionen vor. Doch entspricht das der Realität? Zwischen Stadt und Land bestehen immer noch große Unterschiede – das hat jetzt zumindest die Bundesregierung durch eine Kommission zur Untersuchung der Lebensverhältnisse bestätigt. Doch warum ist das so und worin bestehen die größten Unterschiede? Ein datenjournalistisches Projekt über den Stadt-Land-Strukturwandel mit Beispielen aus mehreren Bundesländern.

Stand: 27.10.2021

Jeder Mensch in Deutschland hat das Recht auf gleichwertige Lebensverhältnisse, so interpretieren Experten das Grundgesetz. Das Problem: An einer haltbaren Definition, was gleichwertig überhaupt bedeutet, ist die Politik bisher gescheitert. Stattdessen ist sie vielmehr jahrelang der Spirale aus Abwanderung, schwacher Wirtschaftskraft und weiterer Abwanderung hinterhergerannt, kritisiert Felix Rösel vom ifo-Institut Dresden. Und hat versucht, die Zahlen durch Verwaltungs- und Gemeindereformen schönzurechnen.

Im Landkreis Potsdam-Mittelmark findet eine Machbarkeitsstudie statt, bei der Pakete mit dem Linienbus mitgenommen werden.

Jetzt gibt es in Deutschland Landkreise, die größer als das Saarland sind, bei denen man bis zum nächsten Amt mehrere Stunden fährt. Die Folge: Die Einwohner werden entmündigt, haben keine Entscheidungsgewalt.

Dort, wo Kreise oder Gemeinden fusionieren, sinkt das Engagement der Bürger, es sinkt die Wahlbeteiligung – und es profitieren Populisten. Die Zahlen sind düster: 15.000 Kilometer Bahngleise wurden in den letzten 70 Jahren Deutschlandweit stillgelegt, seit 1990 hat sich die Zahl der Supermärkte halbiert. Im ähnlichen Zeitraum haben allein in Sachsen knapp 40 Prozent der Grundschulen auf dem Land geschlossen. Bis 2035 werden deutschlandweit etwa 11.000 Hausärzte fehlen – die meisten von ihnen auf dem Land.

Probleme im ländlichen Raum

Abwanderung und Überalterung sind die größten Probleme im ländlichen Raum. Vor allem die Innenstädte von Kleinstädten haben mit Leerstand zu kämpfen. Es ist eine Abwärtsspirale, die nur schwer zu durchbrechen ist.

  • 5.000 Gemeinden in Deutschland haben keinen Arzt (Einwohner insgesamt: 4 Millionen)
  • 6.000 Gemeinden verfügen über keine Grundschule (Einwohner insgesamt: 4,5 Millionen)
  • 4.600 Gemeinden haben keinen Supermarkt (Einwohner 3,5 Millionen)

"Einen echten Paradigmenwechsel. Einen neuen Politikansatz, den es so seit der Wiedervereinigung nicht gab", nannte Heimatminister Horst Seehofer Anfang des Jahres den Zwischenbericht der extra eingerichteten "Kommission für gleichwertige Lebensverhältnisse" – die Fachwelt spricht dagegen von einem schwachen Rettungsversuch, der weit unter den Möglichkeiten bleibt. Denn was bringen unzählige neue Fördertöpfe, wenn diese nur den eh gut dastehenden Kommunen helfen – und Bürokratie jedes Engagement im Keim erstickt?

Engagierte Bürger demonstrieren jeden Montagabend gegen die schleichende Schließung des ehemaligen Kreiskrankenhauses in der Kleinstadt Wolgast.

Schließlich werden schon jetzt in Mecklenburg-Vorpommern gerade einmal 21 Prozent der möglichen Fördergelder abgeholt, während es in Baden-Württemberg 83 Prozent sind. Und über allem schwebt die Frage: Lohnt es sich – rein wirtschaftlich und ökologisch betrachtet – tatsächlich, alle Dörfer zu erhalten? Und sollte Daseinsvorsorge nicht besser komplett neu gedacht werden? Die Doku begibt sich deutschlandweit auf die Suche nach einer Antwort.


0