Es gibt keine schriftlichen Zeugnisse aus der Zeit, in der Ötzi gelebt hat – also von vor über 5.000 Jahren. Das ist eine besondere Herausforderung für Sprachwissenschaftler. Dennoch kann man auch ohne Schrift eine vergessene Sprache rekonstruieren.
„Die eine Methode beruht auf regelmäßigen Lautverschiebung, mit der man 5.000 bis 7.000 Jahre zurück gehen kann.“ Prof. Bernd Heine, Sprachwissenschaftler, Universität Köln
Spurensuche in die Sprachvergangenheit
Ein Beispiel: Im Deutschen findet man innerhalb von Wörtern häufig ein „ch“ , im Englischen wurde das dann zu einem „k“. Das ist bei „machen“ und „make“ so, aber auch bei „suchen“ und „seek“. Wenn man solche regelmäßigen Lautverschiebungen findet und sie in die Vergangenheit zurück verfolgt, kann man eine Sprache teilweise rekonstruieren.
Indogermanische Sprache rekonstruiert
Wenn man dann noch die Grammatik betrachtet, kann das mehrere tausend Jahre in der Zeit zurückführen. So haben Forscher zum Beispiel die Urform des Indogermanischen wieder hergestellt. Indogermanisch ist die Vorläufersprache von vielen europäischen Sprachen, wie Keltisch, Latein oder auch Deutsch.
Ötzis rätisches Kauderwelsch
Bei Ötzi hat sich der Sprachwissenschaftler Chasper Pult überlegt, wie er geklungen haben könnte: eine Art rätoromanisches Kauderwelsch ist dabei herausgekommen, abgeleitet aus alten rätischen Flurnamen. Wie die Sprache von Ötzi dann am Ende tatsächlich geklungen hat, kann man so natürlich trotzdem nicht sagen.
„Wir wissen, dass ab ungefähr 8.000 Jahre vor Christus die Sprachen ungefähr genauso komplex und strukturiert waren, wie sie es heute sind.“ Prof. Bernd Heine, Sprachwissenschaftler, Universität Köln
Das bedeutet, dass Ötzi und seine Zeitgenossen eine Grammatik hatten und uns, zumindest sprachlich und in ihrer Vorstellungswelt, näher waren als wir glauben.