'Oumuamua hat ihn das internationale Astronomen-Team genannt - die hawaiianische Bezeichnung für einen Boten aus der fernen Vergangenheit, der uns zu erreichen sucht. Denn 'Oumuamua (auch: Oumuamua) könnte schon seit Jahrmillionen unterwegs sein und stammt vielleicht aus weiten Fernen des Alls. Es ist der erste interstellare Asteroid, der je entdeckt wurde.
Fast unsichtbares Objekt
Es war gar nicht so leicht, den Asteroiden überhaupt zu finden. Denn er gehört zu den dustersten Gesellen im All: Seine rötliche Oberfläche reflektiert nur vier Prozent des Lichts (eine Albedo von 0,04), das auf ihn fällt - er ist also fast schwarz. Im Vergleich: Schnee hat eine Albedo von 95 Prozent. 'Oumuamua ist auch nicht sonderlich groß, vermutlich nur ein paar Hundert Meter in der Länge.
Entdeckt in einem günstigen Moment
Es brauchte ein modernes Hochleistungs-Teleskop wie Pan-STARRS 1, um den kleinen, dunklen Brocken zu entdecken. Und den richtigen Moment: Denn als das Teleskop am 19. Oktober 'Oumuamua fand, war der Asteroid gerade noch sehr nah bei unserer Sonne. Auffallend nah. Nach wenigen Tagen Beobachtung mit verschiedenen Riesenteleskopen weltweit war klar: Das Objekt hat eine extreme Flugbahn, vergleichbar nur mit manchen Kometen. Doch es ist kein Komet: Nichts gast aus dem kleinen Körper aus, kein Schweif ist zu sehen. An diesen Untersuchungen war wesentlich die Europäische Südsternwarte ESO mit ihrem Very Large Telescope (VLT) in Chile beteiligt, mit dem Oberflächenfarbe, Albedo und der geringe Masseausstoß festgestellt werden konnten.
Interstellares Objekt auf ungewöhnlicher Bahn
Die Bahn, auf der 'Oumuamua unterwegs ist, passt allerdings nicht zu einem gewöhnlichen Asteroiden. Er kreist nicht um unsere Sonne, seine Flugbahn ist auch nicht elliptisch, sondern geformt wie eine Hyperbel: Die beiden Äste - auf dem er kam und auf dem er wieder wegfliegt - verlieren sich im Unendlichen. Für die Forscher um Karen Meech vom Hawaiianischen Institut für Astronomie, die seine Bahn untersuchten, ein klares Indiz: Dieses kosmische Objekt auf seiner exzentrischen Bahn kam nicht aus unserem Sonnensystem, sondern von außerhalb - er ist ein interstellares Objekt (kurz: ISO). Und begründet damit eine neue Namensreihe: 1I/2017 U1 lautet seine offizielle Bezeichnung - "I" für "interstellar".
Schnelle Stippvisite aus dem fernen All
Nur ein einziges Mal kam der interstellare Asteroid unserer Sonne nah. Und zwar näher als der innerste Planet Merkur ihr je kommt: Nur 0,25 AE war 'Oumuamua zum Zeitpunkt seiner größten Sonnennähe von der Sonne entfernt, ein Viertel der Entfernung der Erde. Das war bereits im September. Als die Teleskope ihn unter die Lupe nahmen, war er schon wieder bei der Abreise. Er wird unser Sonnensystem bald wieder ganz verlassen. Denn 'Oumuamua ist rasend schnell unterwegs: Rund 95.000 Kilometer legte der Asteroid pro Stunde zurück, als er in unser Sonnensystem eintrat. Die enge Kurve um die Sonne hat ihn noch beschleunigt, auf eine Geschwindigkeit von knapp 160.000 Kilometer pro Stunde.
Wirbelnde Zigarre
Das erstaunlichste an 'Oumuamua ist seine Form: Der Asteroid ist vermutlich zehnmal länger als breit. Er könnte demnach 800 Meter lang sein, aber nur 80 Meter Durchmesser haben, wie eine riesige Zigarre. Eine einzigartige Form: Kein anderes Objekt mit einer ähnlichen Form wurde bislang in unserem Sonnensystem entdeckt.
Der Asteroid rotiert sehr schnell: Alle 7,3 Stunden dreht er sich einmal um seine Achse - und zwar wahrscheinlich um die kürzere. Wie ein halber Bumerang wirbelt er durchs All. Geschlossen haben das die Astronomen aus dem Helligkeitswechsel des Asteroiden: Obwohl er so dunkel ist, zeigt die Lichtkurve von 'Oumuamua zwei extrem ausgeprägte Peaks alle 7,3 Stunden, in denen er um über zwei Größenklassen heller wird, obwohl seine Oberfläche überall gleich dunkel ist. Das ließe sich nur über ein extrem längliches Objekt erklären, das um seine kurze Achse rotiert. Vergleichbar etwa, wenn Sie von der Seite die rotierenden Blätter eines Windrades im Sonnenlicht betrachten.
Die Astronomen können nicht ganz ausschließen, dass 'Oumuamua auch ein Objekt vom Rand unseres Sonnensystems sein könnte, das etwa durch eine enge Begegnung mit einem noch nicht entdeckten Planeten auf seine hyperbolische, kometengleiche Bahn gebracht worden sein könnte. Doch für wahrscheinlich halten sie es nicht, schreibt das Autorenteam um Karen Meech in dem Artikel, der im November in der Fachzeitschrift Nature erschien.
'Oumuamua - das erste von weiteren interstellaren Objekten
Wahrscheinlicher sei, dass sich zu jedem Zeitpunkt gerade ungefähr ein interstellares Objekt wie 'Oumuamua im inneren Sonnensystem aufhalte. Doch erst jetzt sind unsere Teleskope in der Lage, die schwer sichtbaren Objekte überhaupt zu entdecken. Vermutlich werden in Zukunft noch mehr interstellare Asteroiden wie 'Oumuamua gefunden. Für Astronomen wohl ein Grund zur Freude, denn diese Objekte stammen aus fernen Sonnensystemen, die so weit weg sind, dass der Mensch sie selbst mit Sonden kaum erreichen kann. Nur das Licht dieser fernen Sternenwelten können wir von der Erde aus untersuchen. Ein interstellares Objekt wie dieser Asteroid ist wie eine Postkarte aus dem fernen Sonnensystem und könnte uns mit seinem Aufbau, seiner Oberfläche, seinen Eigenschaften und seinen Elementen erzählen, wie es in seiner Ursprungswelt aussieht.
IQ - Wissenschaft und Forschung: Der interstellare Asteroid 'Oumuamua. 24.11.2017 um 18:05 Uhr, Bayern 2