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Dan Flavins Kunst im Lenbachhaus

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"Vulgäre Farbigkeit": Dan Flavin im Lenbachhaus München

"Vulgäre Farbigkeit": Dan Flavin im Lenbachhaus München

Der Kunstbau des Münchner Lenbachhauses huldigt dem Minimalismus. Zu sehen ist die Installation des berühmten New Yorker Lichtkünstlers Dan Flavin, mit der der Kunstbau 1994 eröffnet wurde. Anlass: Der Geburtstag des Galeristen. Von Barbara Knopf.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Heiner Friedrich, der Flavins Installation vor Jahren schon der Stadt München als Schenkung vermachte, wird 80. Aus diesem Anlass präsentiert das Lenbachhaus abermals das Werk. Parallel zu Flavins Lichtparcours läßt sich eine andere Künstlerin aus dem New York der 70er Jahre entdecken: Marcia Hafif. Bekannt für ihre monochrome, serielle Farbfelderforschung "The Inventory". Im Kunstbau in München ist sie allerdings als experimentelle Filmerin zu entdecken.

Orientiert an Chinatown

Minimalistischer kann man einen Raum nicht verwandeln, der selbst schon Reduktion pur ist: ein zum Kunstraum umgebautes, dem U-Bahnsteig darunter identisches, Zwischengeschoss. Dan Flavin ließ Leuchtstoffröhren an der Decke installieren – blaue, grüne, gelbe, pinke Lichtbahnen, die wie Schienen der leichten Krümmung des Raumes folgen, und deren ausstrahlende Farben den Raum in neue, ungewohnte Geometrien tauchen. Erhabenheit ist dennoch gar nicht das, was Dan Flavin damit bewirken wollte, meint Kurator Sebastian Schneider:

Bei Flavin, der auch sagt,meine Kunst ist nicht das Transzendente, meine Kunst ist nicht der große Erhabenheitsmoment, im Gegenteil, als er sich dazu entschlossen hat in den 60er Jahren nur noch mit Leuchtstoffröhren zu arbeiten, macht er Arbeiten, die sich in gewisser Weise an dieser vulgären Farbigkeit von Chinatown zum Beispiel orientieren.

Eine Farbe durch deklinieren

Marcia Hafif ist Dan Flavin im Kunstbau zur Seite gestellt ist. Beide arbeiteten in den 70er Jahren in der brodelnden Kunstszene New Yorks, minimalistisch, radikal, konzeptuell, seriell. Aber höchst unterschiedlich. Flavin bricht mit der Malerei, als er 1963 die Leuchtstoffröhre zum einzigen Mittel seiner minimalistischen Kunst erklärte. Marcia Hafif, die Kalifornierin, wiederum, kommt nach einer malerischen Auszeit im Rom der 60er Jahre, 1970 nach New York, um genau das zu tun: zu malen:

Was kann Malerei sein, das ist ihr Lebensthema. die ganzen Serien, die sie macht in dieser für viele auf den ersten Blick vielleicht dröge wirkenden Arbeiten, wo nur eine Farbe durchdekliniert wird, das sind für sie hochkonzeptuelle Übungen, wo sie befragt, was kann man mit Malerei eigentlich noch machen. - Sebastian Schneider

Digitalisierte Super-8-Filme

Malerei als radikale und analytische Farberforschung. Marcia Hafif entwickelte "The Inventory", das Inventar. Doch diese Bilder sind hier im Kunstbau gar nicht zu sehen; ihre Farb-Wahrhaftigkeit würde sich auch regelrecht beißen mit der Lichtausstrahlung von Dan Flavin. Stattdessen laufen im abgeschirmten Videoraum auf fünf Röhrenbildschirmen digitalisierte Super 8 Filme aus den Jahren 1970 bis 1999. In ihrem ersten Filmen hat Marcia Hafif die Kamera am Strand aufgestellt und statisch in den Himmel gerichtet, sagt Kurator Sebastian Schneider: Material, das direkt zu ihre späteren Farbarbeiten führt:

Wir sehen eine Wolke, wie sie in diesen Sucher reinfliegt, wie sie sich verändert. es ist wirklich sehr minimal, aber man könnte sagen, der Höhepunkt bildet dann wie eine Möwe dieses Spiel der Formen durchkreuzt. Diese Farbnuancen, dieses Grau, wie es sich immer wieder verändert durch das Licht – sie schafft im Jahr 1972 eine 120teilige Serie „An extended grey scale“, die aus einem ähnlichen Versuchsaufbau besteht, sie sagt hier, ich gehe von einem Weißton in kleinstmöglichen graduellen Unterschieden hin zu einem schwarz. - Sebastian Schneider

Paarbeziehung gefilmt

Marcia Hafif hat den Alltag gefilmt, ihre Kamera gegenüber einem New Yorker Hoteleingang positioniert oder, so wie Andy Warhol seinen Freunden beim Leben in der Factory zuschaute, eine Paarbeziehung gefilmt, unterlegt mit einem eigenen Kommentar über Fragen der Selbstbestimmung. Der Ästhetik ihrer Zeit zwar deutlich verhaftet, vermitteln die Filmaufnahmen fast schockhaft, wie sich unser Begriff von Wirklichkeit verändert hat: Denn damals wurde einfach das Vorgefundene abgebildet, ohne manipulatorische Eingriffe.

Noch nicht ich-bezogen

Die Wirklichkeit war sich noch selbst genug. Das Vorgefundene wurde damals aufgezeichnet, ohne manipulatorische Eingriffe. Es war sich einfach selbst genug. Und noch nicht ichbezogen inszeniert. Marcia Hafif, die während der Vorbereitung zur Ausstellung 89-jährig starb, ist eine Entdeckung, auch wenn sie hier im Abseits des Klassikers Dan Flavin bleibt. Für sie braucht man Zeit, für ihn galt offenbar ein anderes Konzept: schnell hin, schnell wieder weg.

Also bei Dan Flavin, der ganz klar und deutlich sagt, also dieses total Vertiefende, das ist gar nicht so seins. Und dieser schöne Begriff der "get in get out situation", das ist ein Zitat von ihm, wie er seine Kunst verstanden wissen wollte, das finde ich sehr schön. - Sebastian Schneider

Bis 30. September im Lenbachhaus