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"Alles wird gut" - Neues Deutsches Kino auf dem Filmfest München

Heute Abend werden die Förderpreise in der Reihe Neues Deutsches Kino vergeben. Ausgezeichnet werden damit die besten Nachwuchsleistungen in den Bereichen Regie, Drehbuch, Produktion und Schauspiel. 13 Filme sind nominiert. Von Bettina Dunkel

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Level, Listen, Listicles: Manchmal wirkt es so, als müssten sich Jugendliche und solche, die diese Lebensphase quasi zum Beruf erkoren haben, auf Teufel komm raus an klaren Strukturen orientieren, um nicht komplett den Überblick zu verlieren.

"So was von da"

Nicht nur der Protagonist in Jakob Lass' Romanadaption „So was von da“ sortiert seine Probleme von 1 bis x. Der komplette Film ist in Kapitel gegliedert – und ist damit Teil eines kleinen Trends, der in der Filmfest-Reihe „Neues Deutsches Kino“ zu erkennen ist. Denn auch „Liebesfilm“ von Robert Bohrer und Emma Rosa Simon, eine Komödie über unentschlossene Kreuzberger Thirty-Somethings, ist in Kapitel unterteilt. Und Rudi Gauls Dating-Satire „Safari – Match me if you can“ folgt ebenfalls diesem leicht konsumierbaren Aufbau.

Filme über die Listicle-Generation

So unterhaltsam die genannten Filme auch sind: Der Eindruck ist dennoch desillusionierend. Man fragt sich, ob die Listicle-Generation nicht nur latent orientierungslos, sondern einfach nur selbstbezogen ist. Christoph Gröner, Kurator der Reihe „Neues Deutsches Kino“, sieht das anders:

"Diese Filme, die scheinbar den inneren Blick bevorzugen, sind zum großen Teil auch sehr politische Filme. Denn im Kern von vielen dieser Filme steht auch das Geschlechterverhältnis. Und die berühren solche Debatten wie #metoo. "

Der Kampf der Geschlechter in Form leicht bekömmlicher Komödien – das wird dem akuten gesellschaftlichen Diskurs nicht gerecht. Etwas ratlos lässt einen in diesem Kontext auch „Ende Neu“ von Leonel Dietsche zurück. Die ebenfalls in Kapitel unterteilte Dystopie einer dem Untergang nahen und fast nur noch von Männern bewohnten Welt drängt die wenigen Frauen in eine nahezu chancenlose Missbrauchsrolle. Sie können sich nur mit Waffengewalt wehren – oder müssen männliche Verbündete finden. Aber die sind rar.

"Alles ist gut" von Eva Trobisch

Weit tiefer zum Kern der #metoo-Debatte dringt das vielschichtige Drama „Alles ist gut“ vor, gedreht von HFF-Absolventin Eva Trobisch – übrigens nur eine von insgesamt vier Regisseurinnen, die für den Förderpreis nominiert sind. Janne, die Hauptfigur in „Alles ist gut“, wird nach einer Feier vergewaltigt. Sie weigert sich aber, die Opferrolle anzunehmen und tut, als wäre nichts passiert. Motto: Wenn Probleme nicht thematisiert werden, gibt es auch keine. Aber das ist nur Jannes Theorie. Die Praxis sieht ganz anders aus.

Ein Schüler Klaus Lemkes

Der kontroverseste Beitrag aus der Reihe Neues Deutsches Kino ist der Film „Yung“, das Regiedebüt von Henning Gronkowski, ein Zögling des Münchner Autorenfilmers Klaus Lemke. Von ihm hat Gronkowski die Radikalität übernommen, wie Filmfest-Kurator Christoph Gröner anerkennend feststellt:

"Er hat 300 Leute gecastet in Berlin, um letztlich vier Mädchen zu finden, die einen Freundeskreis darstellen mit einem extrem hedonistischen, ungebremsten Lifestyle, bisweilen sehr ungesund sogar."

Die jungen Laiendarstellerinnen und ihre unverblümte Art tragen dazu bei, dass „Yung“ ein ebenso roher wie authentischer Film geworden ist. Ein Film über Teenager, die sich nehmen, was sie wollen: Drogen, Männer und Frauen, fremdes Eigentum. Wenn es sein muss, verkaufen sie auch ihre Körper – ist ja eh nur eine Phase. So selbstbestimmt das klingt – im Endeffekt sind auch sie orientierungslos. Auf die Idee, ihr Leben anhand von Listen zu ordnen, würden sie allerdings nie kommen, das ist dann doch zu spießig. Und das ist auch gut so.