Der Anwalt Alberto Borbon teilte in Turin schriftlich mit, Daniele Gatti sei „bestürzt“ über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe und habe ihn mit juristischen Schritten beauftragt für den Fall, dass die „Hetzkampagne“ weitergehe. Gatti hatte auch bereits die PR-Firma „Reputation Doctors“ angeheuert, um seinen Ruf zu verteidigen. Der Dirigent war gestern vom Amsterdamer Concertgebouw-Orchester, das er seit 2016 leitete, fristlos gekündigt worden, weil ihm mehrere Frauen „unangemessenes Verhalten“ vorgeworfen hatten. Ausloser dafür war ein Artikel der „Washington Post“ vom 26. Juli.
Junger oder erfahrener Nachfolger?
Unterdessen wird in den Niederlanden bereits über mögliche Nachfolger für Gatti spekuliert. Eine „hyper-talentierte“ Frau sei ideal, schrieb „Het Parool“ etwas ironisch , aber wohl so kurzfristig nicht zu finden. Das Management müsse sich überlegen, ob es einen erfahrenen Superstar engagieren wolle oder lieber einen begabten Dirigenten der jüngeren Generation, womit das Orchester in Rotterdam gute Erfahrungen gemacht habe. Dort profiliert sich derzeit der Israeli Lahav Shani. Für Amsterdam werden der charismatische Brite Kerem Hasan genannt, der im letzten Jahr den Nachwuchspreis bei den Salzburger Festspielen abräumte, sowie Jaap van Zweden, der allerdings ab der kommenden Saison Chefdirigent der New Yorker Philharmoniker wird. Im Gespräch ist auch Ed Spanjaard, der insbesondere als Ersatz für das Dirigat von „Pelléas et Melisande“ im kommenden Juni vorgeschlagen wird und sich bei der Hochzeit von Kronprinzessin Willem-Alexander und Prinzessin Máxima im Jahr 2002 um das Musikprogramm kümmerte.