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Kulturgutschutzgesetz: Deutscher Kunsthandel unter Druck

Bis kommenden Sonntag bieten zwei Kunstmessen in München Sammlerinnen und Sammlern vielfältige Kunst-Einkaufsgelegenheiten. Doch ein neues Gesetz macht dem Handel große Probleme. Von Stefan Mekiska.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

In zumindest einer Beziehung kann man sagen, dass das Bundeskulturgutschutzgesetz auf der Messe Highlights in der Residenz München und bei der „96. Kunst und Antiquitäten“ im Postpalast an der Hackerbrücke massive Folgen hat: Niemand handelt dort mehr mit richtig antiken Objekten. Das alte Ägypten, das sagenumwobene Griechenland, das mächtige Rom – sie sind komplett verschwunden. Seit der Vorwurf im Raum steht, die Terrormilizen des IS würden sich über antike Schätze finanzieren, ist der gesamte Handel mit dergleichen in Deutschland so gut wie komplett beendet worden.

"Gesetz schadet dem Kunsthandel massiv"

Obwohl: So richtig viele Fälle von illegalen Einfuhren über den grauen Markt zugunsten des Islamischen Staats nach Deutschland sind bisher nicht bekannt geworden. Alexander Kunkel, Vorstand der Messe HIGHLIGHTS, bestätigt:

"Man muss dazu sagen, dass dieses Gesetz dem Kunsthandel massiv schadet und dass viele Argumente, die das Gesetz mit auf den Weg gebracht haben, so nicht stimmen. Gerade im Bereich der Antiken wurde häufig gesagt, damit würde man eigentlich die IS-Terrormilizen finanziell unterstützen, was einfach de facto falsch ist. Und das ist ein ganz, ganz trauriges Ergebnis dieses Gesetzes." Alexander Kunkel, Vorstand der Messe HIGHLIGHTS

Gäbe es noch Antikenhändler, so wären sie durch das Kulturgutschutzgesetz gezwungen, die Provenienzen, also die Vorbesitzer, ihres Angebots komplett und lückenlos zu ermitteln. Ein Ding der Unmöglichkeit.

"Die meisten Antiken – das sind Münzen. Nun haben aber Münzen leider in den seltensten Fällen ein Gedächtnis. Gerade wenn es eher einfache Münzen sind, also keine hochwertvollen Objekte, sondern gerade im Hundert-Euro-Bereich oder im niedrigen Tausender-Euro-Bereich. Und dieser ganze Markt ist – und auch damit das ganze Sammelgebiet – von diesem Gesetz bedroht." Alexander Kunkel

Auch Teppiche machen Probleme

Insgesamt kann man sagen: Das ohne Zweifel gut gemeinte Gesetz hat bisher viele Erschwernisse gebracht, aber kaum einen Kunstschmuggler ans Messer geliefert. Einem Teppichhändler fällt die Recherche über die Herkunft der Objekte besonders schwer. Der 29-jährige Maximilian Lerch steht in seinem Stand bei der 96. „Kunst und Antiquitäten“ im Postpalast an der Hackerbrücke. Er repräsentiert eigentlich die Zukunft des Kunsthändlerberufs, findet aber, dass ihm das Kulturgutschutzgesetz die Arbeit stark erschwert.

"Vor allem, wenn`s dann drum geht, ja, wo lag das Stück? Und bei Teppichen – das sind eben Stücke, die gerade in der Zeit, in den 30er, 40er Jahren und auch früher, nicht unbedingt als Kunstwerke, sondern als Einrichtungsstücke benutzt wurden und auch gar nicht verzeichnet waren in irgendwelchen Listen oder in Beständen von Sammlungen. Da haben wir natürlich große Probleme. Man muss halt dann schauen, wenn man Glück hat, wir haben das eine oder andere Stück, wo wir wirklich sagen können: Okay, das kam von der und der Familie und hat sich so durchvererbt. Aber ansonsten muss man schon obacht geben. Das ist für uns schon ein äußerst schwieriges Thema." Maximilian Lerch

Provenienzrecherche hieße im Falle eines alten Teppichs einen Riesenaufwand, der sich nur bei sehr teuren Stücken lohnt. : Alte Fotoalben von Familien durchschauen. Wann lag der Teppich bei wem im Wohnzimmer? Sind vielleicht noch Verkaufsrechnungen vorhanden. Bisweilen verzichtet Maximilian Lerch dann lieber auf ein Geschäft:

"Trau ich mich nicht, wenn ich da dann die Gefahr laufe, Probleme zu bekommen. Das will man ja erst recht nicht, gerade wenn man da dann in dem Licht steht." Maximilian Lerch

Bayern: Ausfuhren sind möglich

Weniger problematisch am neuen Gesetz, zumindest in Bayern, ist die Ausfuhr von teuren Objekten ins Ausland. Hier werden die Genehmigungen nach wie vor bei den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen erteilt – und genau so großzügig wie vor Inkrafttreten des Geetzes im August 2016. Wenn etwas keine Genehmigung bekommt, also als nationales Kulturgut im Lande bleiben muss, dann muss es schon sehr besonders sein. Hier haben sich die Befürchtungen von Sammlern also eher nicht bestätigt. Das Problem bleibt der lückenlose Herkunftsnachweis. Und die Bürokratie. Der Bamberger Händler Christian Eduard Franke-Landwers zeigt bei den HIGHLIGHTS zum Beispiel auf ein kunstvoll intarsiertes Holzkästchen:

"Die waren natürlich in Häusern und Sammlungen auch immer Mobilien. Und es war der private Wunsch, geliebte und wertvolle Objekte in die nächste Generation zu tragen. Und man wollte dafür eigentlich nicht an den Pranger gestellt werden. Also man ist mit diesen Dingen sehr liebevoll umgegangen, aber auch sehr privat und intim." Christian Eduard Franke-Landwers

Franke-Landwers stört die enorme Bürokratie, die durch das neue Gesetz dem Handel aufgebürdet worden ist. Erste deutsche Auktionshäuser agieren deshalb schon lieber von Brüssel oder Salzburg aus. Und ausländische Käufer haben auf deutschen Kunstmessen jetzt auch ein zusätzliches Prozedere vor sich.

"Die Idee, sowohl den Schwarzhandel als auch das Geldwäschegesetz als auch die Ausfuhr von bedeutenden Objekten: Ich habe bisher von keinem Erfolg gehört, seitdem es das Gesetz gibt, das diesen gigantischen Aufwand rechtfertigt, den Frau Grütters Anfall von Leichtsinn losgetreten hat. Bis jetzt gibt es keine Rechtfertigung dazu." Christian Eduard Franke-Landwers