Der Sänger Heino auf der Bühne, in der einen Hand ein Mikrofon, die andere nach oben gestreckt
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Heino auf der Bühne

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Warum für Heino Volksmusik und Punk fast das Gleiche sind

Schwarzbraun ist die Haselnuss, blau, blau, blau blüht der Enzian: Heino, Ikone des deutschen Schlagers, wird 80. In seiner langen Karriere hat er nicht nur Volkstümliches gesungen – und eine sehr eigene Meinung dazu, was Musik eigentlich ausmacht.

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Ein Bäcker und Konditormeister aus Düsseldorf-Oberbilk: Heute wird Heino 80. "Ja, wir haben alle einen bodenständigen Beruf erlernt", sagt Heino. "Ursprünglich wollte ich ja Musik studieren, aber damals ging das nicht. Aber nach der Lehre, mit 20, hab ich angefangen, Musik zu studieren, Gitarre Harmonielehre, auch noch Gesang." Von einem ist Heino überzeugt: "Ich finde, das mit den Schubladen – Rockmusik, Popmusik, Schlager, Volksmusik – das ist doch im Grunde alles das Gleiche. Ich muss nur anders instrumentieren: Wenn ich Volksmusik mache, kann ich die genauso hart machen wie Rockmusik, und das ist dann noch doppelt so laut. Dann brauche ich auch nicht viel Harmonien, weil die ganze Rockmusik nicht so melodiös, mit Harmonien durchgearbeitet ist. Es ist eine einfache Musik. Im Grunde genommen ist Musik Musik."

Ein Bariton für alle Fälle

Klingt ein bisschen wie: Schrippenteig, Brötchenteig, Brezelteig, Wecklabatz – alles dasselbe und erklärt, weshalb Heinz Georg Kramm beinahe sämtliche Genres der populären Musik ausgelotet, bedient, für seine Stimme und Zwecke: zugerichtet hat. "Wir haben heute hier in Deutschland wunderschöne Frauenstimmen", so Heino. "Es gibt ja Beispiele, die sehr viel Erfolg haben. Es gibt aber wenige Männerstimmen, so wie ich mir eine Männerstimme vorstelle, im Baritonbereich, die gibt's heut gar nicht mehr. Die gab's in den 50er-, 60er-Jahren. Früher gab es den Ralf Bendix, dann gab es den Bruce Low, den Gerhard Wendland, den Fred Bertelmann – mit wunderschönen Stimmen. Die fehlen mir heute. Heute sind es meistens nur Kastratenstimmen, hohe Stimmen, das ist nicht so mein Ding. Und man kann dieses Liedgut, was ich singe, was ich wieder populär gemacht habe, im tenoralen Bereich einfach nicht so schön singen."

Da ist was dran, Herr Kramm. Zunächst hat Heino sich daran gestört, dass während der 50er- und 60er-Jahre die populäre Musik in den Massenmedien beinah ausschließlich auf englisch präsentiert wurde. Das brachte ihn erst recht dazu, deutsche Volkslieder zu singen, quasi als Ausdruck selbstbewusster, stolzer Identität. Damals traf das einen Zentralnerv der Deutschen. Für die Progressiven, die Neuen, Wilden, Jungen, die Hippies, Folkies, Studenten, Gammler und Neobohemiens war Heino dagegen schnell als Witzfigur ausgemacht: mit blonder Perücke, schwarzer Sonnenbrille, betont pointiert teutscher Aussprache bietet er bis heute ein nicht immer unumstrittenes Repertoire: bündische Lieder am Lagerfeuer, zweifelhafte, verpönte, ja verbotene Lieder mit einer dunklen deutschen Geschichte.

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Markenzeichen blondes Haar und Sonnenbrille: Heino 1981 in den USA

Heino macht auch Punk

Dazu neuerlich Coverversionen aus den avancierten, einst subkulturellen Musikgenres. Waren es bis vor Kurzem noch Punkbands wie "Die Ärzte" oder "Die Toten Hosen", die sich über diese Schlager hermachten, sie nach allen Regeln der Kunst zerpflückten, dekonstruierten und damit scheinbar der Lächerlichkeit preisgaben, so konterte Heino seinerseits mit der "Reschlagerifizierung" der Punkhymnen. Mit großem Erfolg – zunächst. Heino ist stets und bis heute zu Paukenschlägen bereit, kann auch Punk, kann Ballermann und Rammsteinrock: "Man muss Farbe bekennen. Die Jungs haben alle, wie man so schön sagt, keine Eier in der Hose. Jetzt kriegen sie Angst, wenn ich sowas mache. Ich bin jahrelang beschimpft worden von denen, und jetzt sing ich das mal. Ich hab gedacht, ich mache denen eine Freude. Wir wollen ja nicht die Welt verändern. Musik heißt für mich, Freude bereiten, Menschen begeistern. Man soll im Grunde genommen alles nicht so ernst nehmen."

Es treibe ihn an, dass er etwas machen möchte, sagt Heino. Er sei noch fit, er habe noch keine Wehwehchen: "So lange der liebe Gott mich hier singen lässt, werde ich singen, zur Freude vieler Menschen und vielleicht zum Leid vieler Menschen, zum Ärger." Vor wenigen Wochen erst ist Heinos 32. Platte erschienen mit dem sprechenden Titel: "... und Tschüss (Das letzte Album)". Heino singt mit Wolfgang Petry, auch einer dieser Schlagerkollegen, "Ich atme", covert, verhärtet, verfestigt die Larmoyanz des Xavier Naidoo Songs "Dieser Weg" – ein Sommerhit 2006 – covert Sidos "Bilder im Kopf", interpretiert die Texte der anderen auf seine, auf Heinos Weise. Das muss man nicht mögen, und es bleibt die Frage: wozu? Na denn: Herzlichen Glückwunsch zum 80.! Mit freundlichen Grüßen – und tschüss.

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