Aus Reihen der Union und FDP wird die Rolle von Jürgen Tritten in den Sondierungen kritisch beurteilt. Ein Interview mit der "Bild am Sonntag" hatte am Sonntag die Wut bei der FDP noch befeuert. Trittin selbst sieht seine Rolle bei den Verhandlungen dagegen ganz anders.
"Ich habe in dem Interview nichts anderes gesagt als das, was wir auch in den Verhandlungen vertreten haben. CDU und CSU empfanden das nicht als unanständig. (...) Wir haben am Sonntag noch vor 18 Uhr - Andi Scheuer, Jens Spahn, Peter Altmaier, Volker Wissing und ich - das Kapitel Finanzen abgeschlossen - einvernehmlich im Konsens. (...) Ich habe an dieser Stelle offensichtlich mit dem Ziel des Ergebnisses verhandelt bis zum letzten Moment." Jürgen Trittin, B90/Grüne
Trittin wichtig für Grünen-Basis
Aus den Reihen der bayerischen Grünen erhält Trittin Unterstützung - er sei ein guter, ein konstruktiver Verhandler gewesen.
"Ich hatte gedacht, dass Jürgen Trittin mit unüberwindlicher Skepsis in diese Verhandlungen geht, aber ich war positiv überrascht, wie konstruktiv und solidarisch er vorgegangen ist." Ekin Deligöz, Grüne Landesgruppe Bayern
Ekin Deligöz erklärte, die Rolle Trittins bei den Verhandlungen sei nicht zu unterschätzen - schließlich wäre es bei erfolgreichen Sondierungen darum gegangen, die eigene Basis von dem Verhandlungsergebnis zu überzeugen.
Gleiches Programm, gleiche Kandidaten?
Für die innerparteiliche Stimmung - zumindest bei den Spitzengrünen - waren die Sondierungen eine gute Erfahrung. Ganz gleich, mit wem man spricht, die Grünen schwärmen von der Gemeinsamkeit, die auch zwischen den Flügeln bei den Sondierungen gewachsen sei, und die Regierungsfähigkeit, die man damit demonstriert habe.
"Ein Schatz, den wir aus dieser Zeit mitnehmen, ist diese Geschlossenheit. Wir kämpfen für unsere Inhalte, sind aber gleichzeitig kompromissbereit bis zur Schmerzgrenze." Margarete Bause, Grüne Landesgruppe Bayern
Parteitag im Januar
Ob die Basis das genauso sieht, wird sich auf dem Bundesparteitag der Grünen am Samstag zeigen. Für mögliche Neuwahlen sehen sich die Grünen jedenfalls gut gerüstet. Die Grünen würden mit dem gleichen Programm in den Wahlkampf ziehen - die Sondierungen hätten ja nun wirklich deutlich gemacht, wofür die Grünen stehen. Ob es auch mit den gleichen Spitzenkandidaten wäre, das ist umstritten:
"Wir sollten nicht während des Wahlkampfs das Personal austauschen." Margarete Bause, B90/Grüne, Landesgruppe Bayern
Jürgen Trittin jedenfalls hält das für verhandelbar. "Der entscheidende Parteitag wird der im Januar sein, in dem wir entscheiden, mit welchem Personal wir dann in den Wahlkampf gehen", so der Parteilinke.
Die Geschlossenheit, die die Partei in den vergangenen Wochen gewonnen hat - die könnte, je näher Neuwahlen kommen, doch noch in Gefahr sein.