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Eine japanische Flagge weht am 06.10.2014 im japanischen Hiroshima.

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Freihandel: EU treibt Abkommen mit Japan voran

TTIP ist gescheitert, CETA noch nicht vollständig ratifiziert: Nun soll es JEFTA richten, das Japan-EU Free Trade Agreement, das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Japan. Von Holger Romann

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Ende vergangenen Jahres konnten die Verhandlungsteams beider Seiten ihre Gespräche erfolgreich abschließen. Im April legte die Kommission einen abgestimmten Vertragstext vor, den das EU-Parlament nun prüfen und bis Jahresende absegnen soll. Läuft alles nach Plan, könnte JEFTA schon im Herbst 2019 in Kraft treten. In Tokio wird das Abkommen heute schon mal feierlich unterzeichnet.

Bloß keine Chance verpassen, das scheint in Brüssel die Devise, wenn es ums Thema Freihandel geht. TTIP ist vorerst gescheitert, CETA noch nicht vollständig in Kraft, und der Zollstreit mit den USA droht zu eskalieren. Kein Wunder, dass man die Einigung mit Japan, nach vier Jahren Verhandlung, als wichtigen Erfolg verkauft. Kommissionsvize Jürki Katainen, eher nüchterner Rechner als geborener PR-Mann, schwärmt vom "größten bilateralen Abkommen" seit Bestehen der EU.

Größte Freihandelszone der Welt

Tatsächlich braucht sich der Deal der Papierform nach nicht zu verstecken: Durch JEFTA entsteht die nach Wirtschaftsleistung größte Freihandelszone der Welt, mit 600 Millionen Einwohnern und einem knappen Drittel des globalen Bruttoinlandsprodukts. Auch die übrigen Eckdaten können sich sehen lassen. So exportiert die EU laut Kommission jedes Jahr Waren und Dienstleistungen im Wert von 60 bis 80 Milliarden Euro nach Japan. Fallen nun Zölle und andere, sogenannte "nichttarifäre Handelshemmnisse" weg, wie etwa unterschiedliche technische Normen für Autos oder Textilien, könnten europäische Firmen bis zu einer Milliarde Euro sparen - Geld, das sich wieder in neue Produkte und Arbeitsplätze investieren ließe, und das, so die Hoffnung, mehr Wohlstand und Wachstum schafft.

EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström nennt das Freihandelsabkommen mit Nippon einen "Meilenstein". Nach ihren Worten hat JEFTA Modellcharakter für weitere Abschlüsse in diesem und in anderen Teilen der Welt. Gedacht ist zum Beispiel an eine Übereinkunft mit dem südostasiatischen Staatenbündnis ASEAN. Auch Mexiko, die Mercosur-Staaten Argentinien und Brasilien sowie Australien und Neuseeland sind begehrte Partner. Für die Schwedin Malmström, die sich derzeit mit einem drohenden Handelskrieg zwischen EU und USA herumschlagen muss, ein "wichtiges Abkommen in schwieriger Zeit".

"Starkes Signal" Richtung USA

Die zügige Einigung mit Japan will die resolute Kommissarin durchaus auch als Kampfansage verstanden wissen - als "starkes Signal" Richtung Washington, wie sie sagt. Europa, so die Botschaft, bekennt sich zu offenem, regelbasiertem Handel, zum Multilateralismus und zur Stärkung transnationaler Bündnisse und zeigt dem Abschottungskurs und der "America first"-Rhetorik eines Donald Trump die rote Karte. Unklar ist freilich, ob die Kommission ihren ehrgeizigen Zeitplan halten kann und JEFTA noch vor Jahresende vom EU-Parlament ratifiziert wird.

Trinkwasser bald Zielscheibe privater Spekulanten?

Reinhard Bütikofer (Grüne) lehnt JEFTA zwar nicht in Bausch und Bogen ab und erkennt die politische Bedeutung durchaus an, verweist jedoch auf die weitverbreitete Sorge, durch das Abkommen könnten wichtige Bereiche des öffentlichen Lebens - wie etwa Trinkwasser oder Müllabfuhr - zur Zielscheibe privater Spekulanten werden.

Eine Kritik, die Bütikofers Kollege Bernd Lange von den europäischen Sozialdemokraten, nicht teilt. Der einflussreiche Chef des Handelsausschusses hält den Deal für ausgereift und die Warnungen der Globalisierungsgegner größtenteils für übertrieben. So wird laut Lange das wichtige Vorsorgeprinzip - anders als bei CETA - gleich an mehreren Stellen erwähnt. Niemand müsse also Sorge haben, dass neue Produkte ungeprüft in den Regalen landen.

Ausgeklammert: Investorenschutz

Dass sich der Widerstand bei JEFTA in Grenzen hält, liegt schließlich auch daran, dass man aus Fehlern und Versäumnissen gelernt hat. So haben EU-Kommission und japanische Regierung etwa den heiklen Punkt Investorenschutz ausgeklammert. Zum einen setzt man damit ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes um, zum anderen erhöht sich so die Chance, dass der Vertrag noch vor Ablauf der Legislaturperiode vom EU-Parlament grünes Licht bekommt. SPD-Mann Lange betont, er und seine Kollegen würden den Vertragstext sorgfältig prüfen und gegebenenfalls auf Korrekturen drängen. Dass das Prestigeprojekt noch scheitert, glaubt er aber nicht.