Arbeitnehmer fehlen immer häufiger wegen Überlastung

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Arbeitnehmer fehlen immer häufiger wegen Überlastung

Zwischen 2012 und 2016 ist die Zahl der stressbedingten Fehltage von knapp 20 auf 30 Millionen pro Jahr gestiegen. Das geht aus der Antwort des Bundesgesundheitsministeriums auf eine Anfrage der Linken hervor, die dem BR vorliegt. Von Nadine Bader

Erschöpft, ausgebrannt und gestresst. Ein Zustand, den anscheinend immer mehr Arbeitnehmer kennen. Das zumindest legt eine Antwort des Bundesgesundheitsministeriums auf eine Anfrage der Linken nahe. Da es für eine emotionale und körperliche Erschöpfung - oft als Burn-out bezeichnet - keine einheitliche Diagnose gibt, ließ die Linke die Fehltage aufgrund von vier Diagnosen ermitteln: schwere Belastungs- und Anpassungsstörung, neurotische Störung, Ermüdung sowie Probleme bei der Lebensbewältigung.

Fehltage nehmen zu

Besonders stark gestiegen sind den Angaben des Ministeriums zufolge die Zahlen bei Belastungs- und Anpassungsstörungen. 2012 fehlten Arbeitnehmer deswegen 10,5 Millionen Tage, 2016 waren es 16,9 Millionen. Auch wegen Unwohlsein und Ermüdung, Problemen bei der Lebensbewältigung und wegen neurotischer Störungen nahmen die Arbeitsunfähigkeitstage in dem genannten Zeitraum sowohl bei Männern als auch bei Frauen zu. Bei allen vier Diagnosen von knapp 20 Millionen pro Jahr auf mehr als 30 Millionen. Für 2017 lagen noch keine Zahlen vor.

Linke fordern Konsequenzen

Jutta Krellmann, Linken-Sprecherin für Mitbestimmung und Arbeit, forderte die Bundesregierung dazu auf, eine Anti-Stress-Verordnung per Gesetz durchzusetzen. Eine solche Verordnung solle als mögliche Gefährdungsfaktoren die Gestaltung der Arbeitsaufgabe, die Arbeitsorganisation sowie die Bedingungen des Arbeitsplatzes und besonders der Arbeitszeit berücksichtigen. "Wer sich dem verschließt, nimmt die Zunahme psychischer Belastungen billigend in Kauf“, sagte Krellmann.

Runder Tisch soll Lösung bringen

Die Debatte um eine Anti-Stress-Verordnung ist nicht neu. Auch SPD-Parteichefin Andrea Nahles hatte sich in ihrer Zeit als Bundesarbeitsministerin in der vergangenen Legislaturperiode für eine solche Verordnung ausgesprochen. Umsetzen konnte Nahles dieses Ziel nicht.

Vor einem Jahr hatte das Bundesarbeitsministerium mit den Gewerkschaften und Arbeitgebern allerdings einen Runden Tisch zur psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz ins Leben gerufen. Damals hatten sich die Gesprächspartner zum Ziel genommen, bis Ende 2018 Möglichkeiten zum Schutz der psychischen Gesundheit im Job zu erarbeiten.

CDU, CSU und SPD wollen Studien auswerten

Auch im Koalitionsvertrag sprechen CDU, CSU und SPD das Thema Überlastung am Arbeitsplatz und psychische Erkrankungen an. Darin heißt es: "Wir wollen den Arbeitsschutz insbesondere mit Blick auf die Herausforderungen der Digitalisierung überprüfen. Die vorliegenden Studien der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, besonders mit Blick auf psychische Erkrankungen, sollen dazu ausgewertet werden."

Zahl der Multi-Jobber steigt

Ein möglicher Stressfaktor für Arbeitnehmer könnte auch die Zunahme der Mehrfachbeschäftigungen sein. Die Tendenz zu mehreren Jobs setzt sich seit Jahren fort. Vor zehn Jahren, im Juni 2007, waren es 2,18 Millionen Multi-Jobber. Im Juni 2016 gab es bundesweit 3,13 Millionen Mehrfachbeschäftigte, im Juni 2017 waren es bereits 3,26 Millionen.

Zunahme auch in Bayern

Die Zahlen gehen aus der Antwort der Bundesagentur für Arbeit auf eine Anfrage der Linkspartei hervor, die dem Bayerischen Rundfunk vorliegt. Demnach nimmt die Zahl der Multi-Jobber auch in Bayern weiter zu. Vor zehn Jahren, im Juni 2007, waren es rund 420.000 Mehrfachbeschäftigte im Freistaat, im Juni vergangenen Jahres rund 660.000.