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Leichtathleten vor dem Start

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Regensburger Leichtathleten werden ausgemustert

Die Langstreckenläufer aus Regensburg gehören zu den besten im Land. Jetzt hat der Verein wieder Ärger mit dem Leichtathletikverband: Die besten Regensburger Athleten sind aus dem Bundeskader gestrichen worden.

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Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Eigentlich müsste der Deutsche Leichtathletik Verband (DLV) froh sein, einen wie ihn zu haben: Philipp Pflieger - Marathonläufer. Bestzeit: 2:12:50. Doch der Verband hat den Olympiateilnehmer und zweitbesten deutschen Marathonläufer der letzten Jahre vor wenigen Wochen aus dem Bundeskader geworfen. In den sozialen Netzwerken kommentierte Pflieger den Rauswurf sarkastisch:

"Nach zehn Jahren DLV-Bundeskader heißt es 'Bye Bye' zu sagen... Danke für nichts." Philipp Pflieger

Nach nur einem schwachen Rennen ist Schluss

Pflieger ist auch aus dem Kader geflogen, weil seine Gesundheit 2017 nicht immer mitgespielt hat. Marathonläufer müssen sich auf wenige Rennen im Jahr konzentrieren. Die Bestzeit kann nur bei ein bis höchstens zwei Rennen im Jahr angegriffen werden. Im Frühjahr stoppte eine Muskelverletzung im Oberschenkel den Topathleten der LG Telis Finanz Regensburg. Pflieger setzte nun alles auf den Berlin Marathon. Doch wieder spielte seine Gesundheit nicht mit. Nach einem Schwächeanfall schleppte sich Pflieger noch bis Kilometer 39. Dort brach er zusammen, musste gestützt werden und das Rennen aufgeben. Der Schwächeanfall - ausgelöst durch schlechte Energiezufuhr während des Rennens - kostete Pflieger den Kaderplatz.

Volle Förderung nur noch für Medaillen-Kandidaten

Der DLV hat zusammen mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) den Regensburger aus dem Bundeskader gestrichen. Nach der Reform der Leistungssport-Förderung werden nur noch Medaillen-Kandidaten voll unterstützt. Im Marathon ein schwieriges Unterfangen. Aber auch in den weniger stark geförderten Perspektiv- und Ergänzungskadern war kein Platz mehr für Pflieger. Die Verbände begründen den Rauswurf mit seinem schwachem Jahr 2017 und verweisen auf die reformierten Kriterien für die Leistungssport-Förderung. Als Argument wurde auch schon seine Zeit bei den Olympischen Spielen in Rio angeführt, als Pflieger bei tropischen Bedingungen erwartungsgemäß seine Bestzeit nicht erreichen konnte.

"Ich finde nicht, dass man jedem ein Denkmal bauen muss, der vor fünf Jahren einmal gut gelaufen ist. Aber gerade im Marathon kann eine Saison, die mal schief geht, nicht Bemessungsgrundlage für die Zukunft sein." Philipp Pflieger

Bereits vor Olympia Ärger mit dem Verband

Es ist nicht das erste Mal, dass der 30-Jährige mit dem Verband aneinander geraten ist. Vor den Olympischen Spielen musste Pflieger mit Hilfe eines Anwalts um die Nominierung kämpfen. Obwohl er die internationale Norm erreicht hatte, wollte ihn der DLV nicht für die Spiele nominieren. Am Ende durfte er starten.

Pflieger ist aber nicht der einzige Regensburger Top-Läufer, der seinen Kaderplatz verloren hat. Auch Benedikt Huber, zweimaliger Deutscher Meister über die 800-Meter, ist nicht mehr im Kader. Olympia-Starter Florian Orth ist ebenfalls raus. Manche Athleten hätten erst aus dem Internet erfahren, dass sie nicht mehr gefördert werden, sagt Kurt Ring. "Wir haben sogar eine Athletin, die weiß es immer noch nicht. Die ist in den ewigen Halden des DLV verschwunden. Das ist immerhin die Olympia-Teilnehmerin Corinna Harrer."

Regensburger Läufer gelten als unbequem

Genau wie Pflieger hatten sich auch Orth und Harrer in der Vergangenheit bereits negativ über Vorgänge in den Sportverbänden geäußert. "Der Verband möchte keine unbequemen Athleten", sagt ihr Trainer Kurt Ring. "Die sprechen Probleme an. Die wären wichtig, werden aber nicht angegangen."

Als Retourkutsche wollen DLV und DOSB die Nichtberücksichtigung der Regensburger aber nicht verstehen. "In Abstimmung mit dem DOSB wird nach definierten Kriterien über die Kaderzugehörigkeit entschieden", sagt der Bundestrainer in der Kategorie Lauf, Thomas Dreißigacker. "Trotzdem würden wir uns eine bessere Zusammenarbeit mit dem Regensburger Verein wünschen."

Auch ohne Verbandsunterstützung in die Zukunft

Doch die Enttäuschung bei den Regensburgern sitzt tief. Es gehe ihm nicht ums Geld, denn auch im vergangenen Jahr habe er nur rund 50 Euro als Reisekostenzuschuss bekommen, sagt Philipp Pflieger. Viel mehr ginge es ihm um die Wertschätzung des Verbandes. Seine Ziele - die Heim-WM in Berlin im August und Olympia 2020 in Tokyo - will er auch ohne Verbandsunterstützung erreichen. "Ob mein Name auf dem Kaderzettel steht oder nicht, lässt mich keine Sekunde schneller oder langsamer laufen", sagt Pflieger.